Schaubild-Vorbereitung auf mündliche Prüfungen – Beispiel „Woyzeck“ (Mat4986)

Worum es hier geht:

  • Das große Problem mündlicher Prüfungen besteht in den folgenden Punkten:
    • Man weiß nicht, wie in das Thema eingestiegen wird.
    • Man weiß nicht, wie von einem Teilthema zum anderen übergeleitet wird.
    • Man fürchtet, dass einem zu einem Thema nichts
    • oder zu wenig einfällt.
    • Man weiß nicht, wie man besondere Akzente setzen kann – ggf. sogar selbst zu einem anderen Teilthema überleiten kann.
  • Hier kann die Vorbereitung mit Hilfe eines Schaubildes helfen – weil man sich das besser einprägen kann. Außerdem kann man leichter von einem Punkt zum anderen springen. Alles hat nämlich seinen festen Punkt – und man verliert nicht die Orientierung.

Zum Video und zu seiner Dokumentation

Videolink
Dokumentation:

Wie erstellt man ein entsprechendes Schaubild?

Am besten nimmt man sich entsprechend gute Übersichten, die die einzelnen Aspekte übersichtlich abarbeiten und möglichst gut gegliedert sind.

Beim Durcharbeiten dieser Übersichten erstellt man dann schon mal eine grafische Übersicht. Dabei bietet sich die Arbeit mit einem Programm an, bei dem man die Einträge beliebig verschieben und in der Größe verändern kann.

Wir verwenden z.B. gerne den Photo & Graphic Designer von Magix – aber da gibt es sicher noch viele andere Möglichkeiten.

  1. Sinnvollerweise beginnt man mit Infos zum Gegenstand und zum Thema. Wie das geht, kann man gut am Anfang von Wikipedia-Artikeln erkennen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Woyzeck
    Natürlich passt man das an die eigenen Bedürfnisse an:
    In diesem Falle könnte das so aussehen:

    1. Fragment eines Dramas
    2. von Georg Büchner
    3. Entstanden 1836/37
      Bei solchen Jahreszahlen ist es immer schön, wenn man sie „verankert“, so dass es nicht mehr nur eine Nummer ist:
    4. Es ist die Zeit nach der Klassik, die man auch als „Vormärz“ bezeichnet.
      Also etwa 10 Jahre vor der Revolution von 1848
      Und 4 Jahre nach dem Tod Goethes.
    5. Thema ist die Frage, was mit einfachen Menschen passiert, wenn sie besonderen Belastungen ausgesetzt sind, was schließlich in einer Katastrophe endet.
  2. Erster Tipp: Man sollte immer an mögliche Übergänge denken:
    In diesem Falle geht es um „Belastungen“ – Die führen dann gleich zu den beiden Hauptfiguren:

    1. Hauptfigur Woyzeck – einfacher Soldat, der ein uneheliches Kind und seine Mutter versorgen muss
    2. also ständig im Stress ist
    3. und sich besonders noch Demütigungen gefallen lassen muss.
      Hier könnte eine Prüfung Richtung Hauptmann und Doktor weitergehen. Darum fügen wir sie hier ein, behalten aber Marie als 2. Belastungsbetroffene im Auge.
  3. Demütigung durch den Hauptmann
  4. Noch schlimmer die zusätzliche körperliche Misshandlung durch die Medizinexperimente des Doktors.

Stufe 2: Von den Opfern zu den Tätern und den Hintergründen

Der Hauptmann

Als nächstes geht es um den Hauptmann

  • Karikatur eines Offiziers
  • schwermütig
  • bemitleidet sich selbst
  • quält Woyzeck mit Untreuevorwurf
  • auch selbst Opfer des Doktors
    hohle Phrasen
Der Doktor
  • Karikatur eines Wissenschaftlers
  • missbraucht Woyzeck für med. Versuche
  • Mitschuld an der Ermordung Maries
  • ohne Empathie für Mensch u. Tier
  • auch gegenüber dem Hauptmann

Dann fragt man sich natürlich, was sich bei diesen Leuten, die eher jeweils für einen Typus stehen, an allgemeinen kulturellen Phänomenen zeigt – im Hinblick auf frühere Zeiten geht es dabei um schwerwiegende Veränderungen in der Kultur

Materialismus
  • Welt = nur Materie
  • auch der Mensch
  • keine höhere Welt der Ideen
  • kein Gott, keine Moral
Determinismus
  • eigentlich: Folge des Materialismus
  • Vorgänge laufen nach Naturgesetzen ab
  • Alles funktioniert wie eine Maschine
  • keine Willensfreiheit
  • keine Wunder (Ggs zur Romantik)
Nihilismus
  • Schlussfolgerung aus Materialismus und Determinismus
  • Alles hat keinen Sinn.
  • Der Mensch kann machen, was er will bzw. die Materie und die Naturgesetze ihn machen lassen.
  • Von Apathie (Marie) bis hin zu rücksichtslosem Egoismus (Doktor) oder sogar Lust am Quälen anderer Menschen (Hauptmann)

Dagegen dann der Idealismus

  • Kulturell-philosophische Grundströmung seit der Aufklärung über Sturm und Drang, Klassik und Romantik
  • Höhepunkt in der Weimarer Klassik
  • Menschen sollen Abbilder und Vorbilder des Göttlichen sein (Goethe, Das Göttliche)
  • „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“
  • Schiller: Vorstellung von der „schönen Seele“, die sich zu einer moralischen Haltung durchringt
  • Ästhetische Erziehung vor allem durch das Theater
  • Beispiel: „Iphigenie“ und „Maria Stuart“

Historische Grundlagen

  • Weitgehend Ständegesellschaft mit wenig Durchlässigkeit
  • Mehr oder weniger Fürstenherrschaft
  • Kulturelle Vormacht der christl. Kirchen
  • Industrielle Revolution verändert die traditionelle Wirtschaft u. Gesellschaft
  • Bürgertum drängt an die Macht
  • Französische Revolution bringt erstmals Machtwechsel und setzt das alte System unter Druck – Restauration

Biografische Grundlagen (Leben und Werk)

  • Leben
    • 1813 geboren Völkerschlacht gegen Napoleon
      Vielleicht nicht wichtig, aber es erleichtert die Verankerung solcher Jahreszahlen, wenn man sie mit wichtigen Ereignissen der Geschichte in einen Zusammenhang bringt.
    • Schriftsteller und Naturwissenschaftler / Arzt
    • Zeit der Restauration nach der Französischen Revolution und Napoleon
    • 1830 Dann erstmals wieder eine Revolution, die das Bürgertum nach vorne bringt (Frankreich: „Bürgerkönig“ statt traditionellem Bourbonenherrscher)
    • 1837 früher Tod Büchners, evtl. selbst an Typhus infiziert
  • Werke
    • 1834 „Der Hessische Landbote“ = revolutionäre Flugschrift
    • 1835 Drama „Dantons Tod“ = Probleme der Französischen Revolution
    • 1835 „Lenz“ Erzählung um geisteskranken Schriftsteller
    • 1837 „Woyzeck“

Stufe 3: Offene Form des Stückes

Offenes Drama? Aufbau

  • geht zurück auf Volker Klotz 1970
  • spezielle Weltsicht
  • am besten im Vergleich zu erklären
  • anders als im geschlossenen Drama (z.B. Goethe u. Schiller)
  • keine Einheit / Stringenz der Haupthandlung
  • kein normatives Ziel (Aussage)
  • kein Held, hier eher Antiheld
  • aber Fragment-Einschränkung
  • außerdem durchaus Ansätze eines pyramidalen Aufbaus erkennbar
    • Exposition: Wahn Woyzecks u. Anfälligkeit Maries für Aufstieg (TM)
    • Steigerung: Woyzecks Verdacht (Ohrringe)
      verstärkt auch Krankhaftigkeit
    • Höhepunkt/Wendepunkt/Peripetie
      Andeutung des Hauptmanns u. Tanz Maries mit dem Tambourmajor
    • Retardation/Verzögerung
      Stimmen, Kampf mit dem Tambourmajor, Messerkauf
      Maries Schuldgefühle ohne Lösung
    • Katastrophe: Woyzeck entführt Marie in die Einsamkeit; Gefühlssteigerung bis zum Mord, Woyzeck flieht, wird entlarvt, versucht zu vertuschen

 

Stufe 4: Abschluss-Überlegungen

Abschließende Hinweise

  1. Kunst des Mit-SpringensVorteil einer grafisch-systematischen Übersicht: Man kann leicht „mitspringen“, wenn in der Prüfung auf ein anderes Teilthema übergegangen wird.Man kann das vergleichen mit dem Sich-zurecht-Finden in einer fremden StadtUm sich orientieren zu können (oder Fragen beantworten!!!( muss man eine Art innere Karte haben. Die hat sich fortlaufend entwickelt und kann auch leicht ergänzt bzw. präzisiert werden.—
  2. Textkenntnis/Zitate als ReserveWichtig ist natürlich im Abitur konkrete Textkenntnis (Zitate) – aber hier muss man nicht so genau sein wie in einer Klausur, wenn man den Text vorliegen hat.Hilfreich auf jeden Fall: unsere drei Übersichten, ggf. einarbeiten – jeweils mit Video
    • Szenen 1-9: https://textaussage.de/woyzeck-inhalt-zitate-fragen
    • Szenen 10-18: https://textaussage.de/woyzeck-szenen-10-18
    • Szenen 19-27: https://textaussage.de/woyzeck-szenen-19-27
  3. Ausbau des Schaubildes mit Reduktion auf StichwörterIm gleichen Stil noch weitere Teil-Themen einarbeiten: und möglichst anlagernWichtig ist dabei, dass man mehrere Seiten dann möglichst auf einer zusammenfasst – Verknappung der Darstellung
    1. Genauere Charakterisierung der einzelnen Figuren
    2. Überlieferungsgeschichte: Wann veröffentlicht? Uraufführung? Textvarianten
    3. Einordnung in Literaturgeschichte
    4. Rezeptionsgeschichte – wie hat man später auf das Stück reagiert?
    5. Kommunikation als Problem
    6. Sprachliche Eigenarten
    7. Sonstige Künstlerische Mittel
    8. Intertextualität = Querbezüge zu anderen Texte, z.B. Bibelzitate. Märchen, Volkslieder
      ——

Woyzeck – Weitere Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/woyzeck-themenseite

Fragen und Anregungen am besten als Kommentar eintragen:
https://textaussage.de/schnelle-hilfe-bei-aufgaben-im-deutschunterricht

Vergleich auch das „Rausbildern“ bei der Gedichtinterpretation

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos