Schnell durchblicken beim Gedicht „Gericht“ von Peter Huchel (Mat5828)

Worum es hier geht:

Wir stellen ein Gedicht von Peter Huchel vor, das im Titel „Gericht“ schon andeutet, um welchen Bereich es geht.
Zu finden ist das Gedicht u.a. hier.

  •  In der ersten Strophe beschreibt das lyrische ich seine eigene Befindlichkeit
  •  Es betrachtet sich als jemanden, der nicht unter den Fittichen Gewalt mit der Gewalt leben will.
  • Damit ist möglicherweise eine Gewalt gemeint, die sich zugleich als Schutz ausgibt.
  • Als Lösung wird ein seltsamer Widerspruch gewählt, nämlich die “Unschuld des Schuldigen”. Was damit gemeint ist, bleibt erst mal offen – auf jeden Fall scheint es eine Rolle zu sein, die das lyrische Ich spielt.
  • Die zweite Strophe ist dann sehr viel klarer. Hier wird ein Richter in der Rolle des Mächtigen gezeigt, wozu auch gehört, “unwirsch”, also unfreundlich zu sein.
  • In der 3. Strophe wird wieder auf die erste zurückgegriffen.
  • Es zeigt sich Widerstand,
  • seltsamerweise in der “Maske des untergehenden Monds”. Auch hier weiß man nicht, was genau gemeint ist. Aber auf jeden Fall ist damit das Verschwinden gemeint.
  • In der 4. Strophe scheint das lyrische Ich die Wand anzustarren und dabei eine Art Vision zu haben,
  • Es sieht nämlich einen Ritter, dem ein “dunkler Wind” die Augen verbindet.
  • Auch mit den Sporen scheint etwas nicht ganz in Ordnung zu sein.
  • Am Ende eine Art Flucht.
  • Die fünfte Strophe ist dann wieder klar.
  • Sie macht deutlich, dass nicht jeder “aufrecht”, also selbstbewusst “durch die Furt der Zeiten” geht, also den Fluss der Geschichte durchquert.
  • Deutlich wird, dass der Strom vielen die Steine unter den Füßen wegreißt, also sie zum Fallen bringt.
  • In der 6. Strophe wieder ein Blick auf die Wand.
  • Jetzt sieht das lyrische Ich “blutigen Dunst”, also wohl Leiden bis hin zum Tod.
  • Es ist ihm nicht mehr möglich, eine solche Farbe irgendwie positiv zu deuten.
  • Es kommt das Urteil, das nicht sehr stark wirkt – aber auf jeden Fall ist dieser Prozess zu Ende.
  • Man ist gespannt, was das für das Ende bedeutet.
  • In der 7. Strophe dann die Konfrontation von Richter und Verurteiltem.
  • Ersterer gibt sich “unergründlich”, zeigt also eine Art Pokerface.
  • Der Veurteilte erkennt seine “Ohnmacht”,
  • aber das hilft ihm nicht, wenn auch der Richter nur ein Werkzeug ist.
  • Ihm bleibt am Ende nur Kälte zwischen den Zähnen, ein sehr unangenehmes Gefühl, fast ein Vorbote des Todes.

Insgesamt zeigt das Gedicht

  1. einen Angeklagten, der die Herrschaft der Gewalt ablehnt
  2. und für sich eine Rolle wählt, bei der er sich anscheinend als schuldig bekennt,
  3. aber unschuldig ist und seiner Meinung nach auch bleibt.
  4. Dieser Angeklagte versucht Haltung zu bewahren, auf eine besondere Art und Weise.
  5. Um Milde bittet er nicht, vielleicht weil es zwecklos ist.
  6. Denn der Richter scheint auch keine eigene Entscheidungsgewalt zu haben – er ist nur ein ausführendes Organ der übergeordneten Macht.
  7. Ihm bleibt nur, “unwirsch” zu sein und sich “unergründlich” zu präsentieren.
  8. Das Urteil scheint keine Substanz zu haben, wohl aber Wirkung, nämlich die Kälte des Leidens, vielleicht sogar des Todes.

Interpretation:

Am ehesten bekommt dieses Gedicht Sinn, wenn man es auf ein diktatorisches, vielleicht sogar totalitäres System bezieht. Wer angeklagt wird, ist damit eigentlich schon verurteilt und muss sein Schicksal annehmen. Was ihm bleibt, ist eine Art innerer Widerstand, der sich maskiert und sich höchstens in eigene Fantasievorstellungen retten kann.

Konkret liest es sich so, wie es sich in kommunistischen Diktaturen in sogenannten Schauprozessen abgespielt hat.

Zur Unterstützung dieser Annahme kann man einen Satz aus dem Wikipedia-Artikels zu Huchel heranziehen:

“Die menschenverachtenden Schikanen durch das DDR-Ministerium für Staatssicherheit hat Huchel in seiner Lyrik eindrucksvoll geschildert”

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Huchel

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