Tipps, wie man sich in einer Stunde auf eine Woyzeck-Klausur vorbereitet: Szene 9 (Mat8248 )

Worum es hier geht:

Wir hatten gerade eine Klausur zu Woyzeck, Szene 8 entworfen
https://textaussage.de/klausur-zu-szene-8-in-buechners-woyzeck
da brauchte jemand Rat zu der Szene 9.
Wir betrachten so etwas gerne als Herausforderung – und haben mal geschaut, was man in einer Stunde etwa so noch hinbekommt.
Wir hoffen, dass das hier auch eine Hilfe ist und gut zum Üben verwendet werden kann.

So, ich lege diese Seite mal hier einfach zum schnellen Austausch an – später schaue ich mal, was ich daraus mache.

  1. Zu Beginn einer Klausur: Einleitung wie bei Szene 8
    Thema hier: Verhalten von Hauptmann und Doktor in verschiedenen Situationen
    (mal vorläufig, kann man eigentlich erst richtig festlegen, wenn man die Szene voll „begriffen“ hat.
  2. Dramatische Entwicklung:
    1. Hauptmann zeigt sich gegenüber dem Hauptmann ganz anders als gegenüber Woyzeck: Typisch für einen autoritären Charakter zeigt er das nach unten. Der Doktor ist ihm überlegen – er stellt sich darauf ein, auf Mitleid zu spekulieren.
    2. und bekommt die für den Doktor typische Antwort: Der ist nämlich ein gewissenloser Egoist und Nihilist, dem es Spaß macht, den Hauptmann runterzumachen.
    3. Woyzeck erscheint, wie es seiner Situation entspricht: Er ist im Stress. Der Hauptmann bekommt gleich wieder Oberwasser und macht sich über ihn lustig.
    4. Beim Stichwort „Bart“ fällt ihm allerdings noch etwas ein, mit dem er Woyzeck richtig fertigmachen kann – nämlich ein Haar in seiner Beziehungssuppe, nämlich das Fremdgehen von Marie. Der Hauptmann verhöhnt den armen W. sogar, indem er anschließend Marie als „brave Frau“ bezeichnet.
    5. Der Hauptmann legt noch einen drauf, indem er die Vision der roten Lippen von Marie entwirft als Zeichen ihrer erotischen Hingabe an einen anderen Mann. Dann die wohl berechnete Feststellung des Erfolgs seiner Attacke: „Kerl er ist ja kreideweiß“.
    6. Woyzeck reagiert sehr ruhig, wenn auch bestimmt. Überhaupt zeigt er hier wieder einmal, dass er potenziell mehr drauf hat als die beiden Vorgesetzten.
    7. Dann nimmt auch der Doctor seine Chance wahr und freut sich über den wilden Puls des armen Soldaten, der seine wahre Aufregung zeigt.
    8. Woyzeck reagiert wieder mit einer seiner Fantasien, die aber in dieser Situation metaphorisch stimmen.
    9. Dann macht Woyzeck deutlich, dass er das nicht glauben kann/mag.
    10. Der Hauptmann reagiert in typischer Vorgesetztenmanier und regt sich über den stechenden Blick des Soldaten auf. Dann wieder der reine Hohn, wenn der Hauptmann behauptet, er „mein es gut“ mit Woyzeck.
    11. Der Doktor wieder mit rein medizinischer Einschätzung.
    12. Woyzeck zeigt anschließend wieder eine Vermischung von Übersprunghandlung (man macht irgendetwas, um die innere Erregung loszuwerden – hier ist es der Blick zum Himmel) und Vorstellung von einem Haken im Himmel, an den man sich hängen (aufhängen?) kann. Am Ende dann wieder ein Versuch in Rationalität: Statt zu schreien oder sonst was zu tun, will Woyzeck über die Situation „nachdenken“. Die Art seines Abgangs macht aber deutlich, dass es mit seiner Ruhe nicht weit her ist.
    13. Der Doctor verfolgt ihn geradezu und ist wieder bei der Zulage-Vorstellung.
    14. Der Schluss gehört dem Hauptmann, der ja in dieser Szene wesentlich dazu beigetragen hat, dass sich bei Woyzeck ein Mordgedanke entwickelt. Er zeigt noch einmal seine militärische Nicht-Professionalität und versteigt sich wirklich zu dem Gedanken, dass Woyzeck ihm für die Information zu Marie dankbar sein müsste.
  3. Zusammenfassung der Aussagen der Szene – einfach als Fortsetzung des Satzanfangs:
    Die Szene zeigt …

    1. Die Schwäche, Charakterlosigkeit, Gemeinheit und auch noch Dummheit des Hauptmanns, der sich vom Doktor demütigen lässt, indem er sich ihm in seiner ganzen Erbärmlichkeit präsentiert, während er gegenüber Woyzeck nur darauf aus ist, dem eine tendenziell tödliche Wahrheit zu verkünden.
    2. Die arrogante Gemeinheit des Doctors, die sich also nicht nur gegen Woyzeck richtet, sondern potenziell gegen jeden, auf jeden Fall nur auf Eigennutz aus ist.
    3. Die Stress-Situation, in der sich Woyzeck wohl als Dauerzustand befindet und in der er
      1. zunächst ertragen muss, dass er statt Mitgefühl Spott erntet,
      2. dann ausreichend viele Andeutungen zur Untreue von Marie, sogar mit Hinweis auf den Konkurrenten, den Tambourmajor – wiederum mit Hohn verbunden (Marie als angeblich „brave Frau“)
      3. Woyzeck reagiert aber zunächst erstaunlich sachlich und versucht anschließend, irgendwie mit seinen Gefühlen fertig zu werden.
      4. Am Ende macht er deutlich, wie sehr er innerlich mit der Frage kämpft, was wirklich los ist und wie er damit umgehen soll.
  4. Korrektur/Optimierung der Themaformulierung:
    Wenn man die Aussagen hat, die ja in gewisser Weise Antworten auf die Themafrage sind, kann man diese auch besser formulieren, zum Beispiel:
    In dieser Szene gibt es mehrere Themen, die von Büchner geschickt miteinander verwoben worden sind:

      1. die Kombination von Schwäche und Gemeinheit beim Hauptmann,
      2. das spezielle Gemeinheit des Doktors gegenüber dem Hauptmann, mit totalem Desinteresse am leidenden Woyzeck, verbunden mit voller Konzentration auf seine angeblichen perspektivenreichen medizinischen Experimente
      3. und schließlich Woyzecks Umgang mit der ungeheuerlichen Bestätigung seines Verdachts im Hinblick auf Marie.
  5. Sprachliche und rhetorische Mittel, die die Aussagen unterstützen:
    1. Die Bilder, die der Hauptmann am Anfang für seine Anspannung verwendet.
    2. Die satirische Übertreibung der Selbstdarstellung des Hauptmanns mit seiner Schwermut.
    3. Die drastische Ausmalung möglicher gesundheitlicher Perspektiven des Hauptmanns durch den Doctor.
    4. Die Verwendung einer landläufigen Vorstellung des Hauptmanns vom Tod mit der fiktiven Vorwegnahme einer Leichenrede für ihn
    5. Das seltsame Spiel mit Hohlkopf und Exerziernagel
    6. Der Vergleich mit dem Rasiermesser
    7. Die Anspielung mit Bart und Haaren
    8. Die Andeutungen mit den Lippen
    9. Woyzecks Beschreibung seiner Gedanken mit dem Gegensatz von Erde und Hölle, Umkehrung
    10. Das Bild des Erstechens mit den Augen
    11. Woyzecks Bild vom Kloben als Symbol für den kleinen Gedankenstrich zwischen Ja und Nein
    12. Die Bilder und Vergleiche des Hauptmanns für die beiden anderen
      Insgesamt eigentlich nichts Besonderes – die Ungeheuerlichkeit liegt eher in der Dramatik der inhaltlichen Entwicklung.

Was eine mögliche 2. Aufgabe angeht, so ist hier Ähnliches möglich wie bei Szene 8.
https://textaussage.de/klausur-zu-szene-8-in-buechners-woyzeck

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