Wolf Wondratschek, „Mittagspause“ – Anregungen für Schule und Unterricht (Mat817)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird die Kurzgeschichte „Mittagspause“ von Wolf Wondratschek

Präsentiert wird eine junge Frau, die die Mittagspause nutzt, um der Langeweile ihres Berufsalltags zu entfliehen. Das Besondere: Sie kämpft mit sich, was Männer angeht. Das läuft zwischen „anlocken“ und „sich verweigern“. Eine besondere Rolle spielen die Begriffe „Spiel“ und „Katastrophe“. Insgesamt zeigt sich ein Frauenbild, das zum Vergleich mit heutigen Geschlechterbeziehungen herausfordert

Anmerkungen zur Kurzgeschichte:

  1. Die Geschichte hat Ähnlichkeit mit Bichsels „Die Tochter“: Dort geht es primär um die Ablösung aus dem Elternhaus, hier um die Ablösung aus dem Single-Dasein.
  2. Eine Rolle spielt aber auch die Flucht aus der Langeweile der Arbeitswelt.
    An dieser Stelle fällt einem „Fenstertheater“ von Ilse Aichinger ein.
    https://textaussage.de/ilse-aichinger-das-fenstertheater
  3. Gleich am Anfang fällt auf, dass diese junge Frau ein ganz bestimmtes Rollenverhalten zeigt, das Männer anlocken soll.
  4. Andererseits spielt sie auch ein Spiel, zu dem sowohl „anlocken“ und „sich abgrenzen“ gehören. Am schönsten die Stelle: „Die Männer lachen und schauen herüber und stellen sich ihr Gesicht ohne Sonnenbrille vor.“ Schöner kann man diesen komplexen Prozess nicht beschreiben: Zunächst geht es ums Abgrenzen, die Augen sollen nicht gesehen werden, andererseits erregt das genau Interesse bei Männern – und die Frau genießt das nun wieder.
  5. Am Ende merkt man, wie unreif diese Frau noch ist: Eine Liebesbeziehung steht für sie auf einer Stufe mit einer Katastrophe.
  6. Es geht insgesamt um einen noch sehr unklaren Versuch, das eigene Leben zu bereichern.
  7. Spannend wird es, wenn man das Verhalten der Frau mit heutigen Verhältnissen vergleicht. Die meisten Jugendlichen werden sicher schnell Szenen im Kopf haben, die genau dieses Moment enthalten: Sich präsentieren, gesehen werden wollen, aber man ist nicht gleich zu „haben“.
  8. Spannend wäre es, diese Geschichte weiterzuschreiben, wenn zum Beispiel ein Mann es schafft, die Barriere mit Charme zu überwinden.
    • Jemand fragt, ob er sich dort hinsetzen dürfte. Dabei kann man natürlich verschiedene Varianten durchspielen: Zum einen könnte es ein möglicher Partner sein, der sich für die junge Frau interessiert.
    • Zum anderen könnte es aber auch jemand sein, der einfach nur mit ihr ins Gespräch kommt und dir anschließend einen interessanteren Job anbieten.
  9. Ganz allgemein ist insofern ein Wendepunkt gegeben, weil man beim Weiterschreiben entscheiden muss: Steht am Ende eine Katastrophe – oder aber die Überwindung dieses noch recht unerwachsenen Entwicklungsstandes.
  10. Die Katastrophe könnte zum Beispiel durch einen LKW ausgelöst werden, bei dem die Bremsen versagt haben. Er fährt in dieses Café hinein, bleibt aber rechtzeitig stehen. Dann ist die Frage, wie die Anwesenden und besonders die junge Frau damit umgehen. Vielleicht reicht ihr ja die eine Katastrophe und sie verliebt sich zufällig in den Fahrer des LKW – oder in einen der Polizisten, der sie als Zeugin vernimmt.

Was die Entwicklung der Frauenrolle angeht, könnte auch noch die Geschichte
Anmerkungen zu der Kurzgeschichte „Der Antrag“ von Gabriele Wohmann
herangezogen werden.

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