5-Minuten-Tipp zu Heine, „Ich wollt, meine Schmerzen ergössen“ (Mat5903)

Das Gedicht findet man u.a hier:

https://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Gedichte/BdL/Heimk-61.html

Strophe 1

Ich wollt, meine Schmerzen ergössen
Sich all in ein einziges Wort,
Das gäb ich den lustigen Winden,
Die trügen es lustig fort.

  • Die erste Strophe geht von den Schmerzen des lyrischen Ichs aus
  • und wünscht sich, dass sie sich alle „in ein einziges Wort“ „ergössen“. Man merkt hier deutlich, wie groß und drückend die Schmerzen anscheinend sind – und wie gern man sie los würde.
  • Die zweite Hälfte der Strophe bringt dann – typisch für Heine – einen wohl nicht ganz dem Ernst der Lage entsprechenden Gedanken:
  • Dieses Wort will das lyrische Ich nämlich den „lustigen Winden“ übergeben, die es dann auch „lustig“ wegtragen.
  • Besonders die Wiederholung wirkt hier etwas bemüht. Es ergibt sich der Eindruck einer etwas gezwungenen Fröhlichkeit.

Strophe 2:

Sie tragen zu dir, Geliebte,
Das schmerzerfüllte Wort;
Du hörst es zu jeder Stunde,
Du hörst es an jedem Ort.

  • Dann wird es noch kurioser.
  • Denn das lyrische Ich will seine Schmerzen nicht nur loswerden,
  • sondern sie auch einer Geliebten zukommen lassen.
  • Auch hier wieder am Schluss eine verstärkende Wiederholung: Dieses Schmerzenswort soll die Geliebte anscheinend regelrecht quälen.

Strophe 3:

Und hast du zum nächtlichen Schlummer
Geschlossen die Augen kaum,
So wird dich mein Wort verfolgen
Bis in den tiefsten Traum

  • Die dritte Strophe macht noch deutlicher, dass hier keine hochmoralischen Antriebe eine Rolle spielen.
  • Keine Frage, was man selbst für seine Schmerzen kann,
  • was man dem Gegenüber vielleicht auch angetan hat.
  • Auf jeden Fall flüchtet sich das lyrische Ich in die anscheinend befreiende Vorstellung, dass sein Schmerzwort die Geliebte bis in den Schlaf verfolgen wird und dort erscheint es dann samt Inhalt als wahrscheinlich „Alb-„Traum.

Zusammenfassung:

Insgesamt ein Gedicht, das

  • auf recht originelle Weise ein Beziehungsproblem zumindest in der Fantasie löst.
  • Dabei bleibt offen, um was für Schmerzen es geht.
  • Bei Heine kann man wie beim jungen Goethe durchaus davon ausgehen, dass es sich hier nur um Schmerzen einer kurzzeitigen Trennung handelt,
  • es sich letztlich also um eine Liebeserklärung handelt.
  • Heute würde man das per Handy vielleicht so ausdrücken:
    • Ich leide.
      • Wieso?
    • Du fehlst mir.
  • Natürlich kann auch was Ernsteres vorliegen, dagegen spricht aber der lockere Ton.

Weitere Infos, Tipps und Materialien