5-Minuten-Tipps zu dem Gedicht „Berge sind stille Meister“ von Knut Waldau

Die Kurzfassung

Es ist jetzt doch mehr geworden, als man in fünf Minuten weitergeben kann.

Deshalb hier fünf kurze Tipps:

  1. Die Überschrift scheint einen Widerspruch zu beinhalten.
  2. Der wird dann aber dadurch aufgelöst, dass man viele scheinbar sehr einfache Ratschläge bekommt, die man für sich selbst mit Leben füllen sollte.
  3. Besonders interessant erscheint der Gedanke, dass oben auf dem Berg vielleicht mehr Gelegenheit ist als sonst, tief in einem verborgene Gedanken hochkommen zu lassen.
  4. Wichtig ist auch eine bestimmte Haltung, bei der man selbst dem, was man sieht und erlebt einen höheren Sinn verleiht. Das erinnert an den romantischen Dichter Friedrich Schlegel, der das für das gesamte Leben empfiehlt:
    „Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“
    Vgl. auch:
    https://textaussage.de/friedrich-schlegel-und-die-progressive-universalpoesie
  5. Am Ende gehört dazu aber auch die Bereitschaft, sich „führen zu lassen“, also auf Signale der Umgebung zu achten und ihnen ggf. auch zu folgen.

Die ausführliche Fassung

  1. Der Titel macht schon deutlich, wie in diesem Gedicht Berge betrachtet werden:
    1. zum einen sind sie still, ganz anders als zum Beispiel ein Wasserfall,
    2. Zum anderen werden sie als Meister bezeichnet, d.h., dass man von Ihnen etwas lernen kann.
    3. Man kann als Leser also erwarten, dass diese Berge auf eine besondere Art und Weise zu einem sprechen.
  2. Das Gedicht besteht in weiten Teilen aus Beschreibungen, die man wohl als Ratschläge verstehen darf. Wenn man das nicht einfach wiedergeben will, bleibt einem nichts anderes übrig, als es auf sich wirken zu lassen und mit eigenen Ideen zu füllen.
      1. Es beginnt damit, dass man „einfach durch Gebirge laufen“ soll, also ohne ein besonderes Programm. Man soll sich einfach auf die Bergwelt einlassen.
      2. dann soll man das nutzen, was am Weg liegt. Das kann z.B. eine Quelle sein, aus der man trinken kann. Oder aber man freut sich über den Schatten eines Baumes – oder einen schönen Stein zum Rasten und für eine Brotzeit.
      3. Vor allem aber soll man sich oben Zeit nehmen, schauen und gegebenenfalls auch auf eine Frage achten, „die sich aus der Tiefe wühlt”,  die also nicht einfach an der Oberfläche liegt, aber ins Bewusstsein will und die man dorthin auch lassen soll. Hier werden einem mehrere Vorschläge gemacht:
        1. „Ein Gedanke“: Wenn man zufällig den Roman „Homo faber“ von Max Frisch kennt, dann denkt dort jemand beim Flug über die Alpen darüber nach, dass man zu langes Warten auf das richtige Abendlicht auf dem Gipfel möglicherweise mit seinem Leben bezahlen muss. Das klingt jetzt weit hergeholt, soll aber eben zeigen, wie individuell man in der eigenen Tiefe etwas finden kann.
        2. ein „Bild“: Es könnte sein, dass einem bei der Betrachtung des Gipfelkreuzes ein anderes in Erinnerung kommt, das eine besondere Bedeutung für einen hat.
        3. eine „Erfahrung“: Vielleicht schon beim Aufstieg die Erinnerung an einen Ratschlag und eine Erfahrung, wie man sich die Kräfte einteilen kann.
        4. ein „Wort“: Zum Beispiel könnte einem dieses Gedicht einfallen und man denkt an das Wort „stille“ im Hinblick auf die Berge.
        5. oder sogar „nichts, das sich irgendwie fassen lässt“. Das kann ein ganz allgemeines Gefühl von Intensität sein, das man nur genießen soll. Durch Reflexion würde man es sich vielleicht kaputtmachen.
      4. Dann Hat man den Eindruck, dass es auf den Rückweg geht. Dort soll man auf „Steinhaufen achten“ und gegebenenfalls etwas auf sie legen, was man zufällig findet.
      5. Vor allem aber wird einem eine bestimmte Erwartungshaltung empfohlen, man soll an „Gaben und Boten unverhofften Glücks glauben“. Damit wird man daran erinnert, dass der Mensch ein Wesen ist, das  sich seinen Sinn, d.h. etwas, was von Bedeutung ist, sich auch selbst zurechtdenken darf. Das Glück könnte z.B. darin bestehen, ein besonderes Tier zu sehen oder ein besonderes Ereignis wie ein Spiel des Sonnenlichtes.
      6. und man soll sich „begleiten und führen lassen“. Hier muss man sicher etwas vorsichtig sein, denn einen Gang durchs Gebirge besteht man nur, wenn man sich nicht „versteigt“. Man kann also nicht jeder Lust und Laune folgen. Aber:
      7. Auch hier wird einem ein breites Angebot gemacht:
        1. “Von Menschen“: Das könnte ein bürgernäherer Mensch sein, der einem einen besonderen Ausblick empfiehlt.
        2. “Gott“ kann jemand für sich erleben, indem ihm zum richtigen Zeitpunkt ein guter Gedanke kommt.
        3. „Wassern und Winden“. Dies überlassen wir mal lieber erfahrenen oder bsd. risikobereiten Bergwanderern.
  3. Insgesamt ein Gedicht, das in seiner scheinbaren Einfachheit viel Mitdenken des Lesers erfordert, einem dann aber wirklich mehr an Erlebnissen verschafft, als wenn man nicht zumindest ein bisschen an der gewohnten Einstellung und Haltung arbeitet.
  4. Anregung: Man sollte mal ausprobieren, wie so ein scheinbar einfaches, „naives“ Gedicht wirkt, wenn man es ganz langsam vorträgt – etwa in dem Rhythmus, mit dem man auf einer Bergwanderung mit Pausen spricht, weil man zwischendurch Luft holen muss.
  5. Man kann das Gedicht auch schön vergleichen mit „Städter“ von Alfred Wolfenstein. Dann merkt man den Unterschied zwischen Bewegung in freier Natur und in einer Großstadt.

Beispiel für „„Gaben und Boten unverhofften Glücks“

Wir zeigen hier einfach mal, was wir auf einer Wanderung gefunden haben.

Wichtig ist, dass man das Ungewöhnliche überhaupt wahrnimmt und sich vielleicht sogar Gedanken darüber macht.

In diesem Falle könnte man über zwei Menschen nachdenken: einen, der diese Mütze vermisst, und einen, der sie so zum Finden bereitlegt.

Wer noch mehr möchte …