Anstoßtext: Ärger über große Geister – manchmal ist er nützlich! Schopenhauers Vorstellungen von Schmerzen und Glück(Mat1080-gus1)

Warum der Ärger über „große Geister“ manchmal auch gut ist …

Am Beispiel eines Textes von Schopenhauer wird gezeigt, dass es manchmal auch gut ist, wenn man sich über große Geister ärgert. Man stimmt ihnen zwar nicht in allem zu, aber sie bringen einen auch auf gute bzw. bessere Gedanken. Einfach mal ausprobieren.

Hier die Druckvorlage
Mat1080-gus1 Ärger über große Geister nützlich

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Mögliche Aufgaben:

  1. Stelle die Grundgedanken Schopenhauers kurz zusammen.
  2. Wie beurteilst du Schopenhauers Sicht des Lebens?
    Was könnte man der entgegensetzen?
  3. Was hältst du selbst von der Idee, auch „große Geister“ mal im Unterricht kritisch zu beleuchten?

Wieso der Ärger über große Geister auch nützlich sein kann
Viele Schüler fragen sich, warum sie sich in der Schule mit den Gedanken großer
Philosophen beschäftigen sollen. Meistens lautet die Antwort, dass man von ihnen lernen
könne. Das wollen wir auch gar nicht bestreiten. Uns interessiert ein anderes Phänomen viel
mehr, nämlich der Ärger, ja sogar der Zorn, den man empfinden kann, wenn so ein großer
Geist entweder Unsinn redet oder sogar eine Macke hat, was seine Grundüberzeugungen
angeht.
Nun ist das natürlich noch nichts Positives, außer dass man das Gefühl bekommt, an einer
Stelle zumindest einmal ein bisschen schlauer gewesen zu sein als solch eine Geistesgröße.
Es kommt aber noch etwas hinzu und das kann man sehr schön am Beispiel der Vorstellung
des Philosophen Schopenhauer vom Glück zeigen.
In seinen sogenannten Aphorismen (meist kurz gefasste Denkanstöße) zur Lebensweisheit
von 1851 behauptet er doch allen Ernstes, dass Schmerz positiver Natur sei
Er begründet das dann allerdings damit, dass Schmerz zu Schmerzlosigkeit führen könne. Diesen Zustand
hält er für das höchste Glück, das der Mensch im Leben nur erreichen kann. Für ihn ist der
der glücklichste, der sein Leben ohne übergroße Schmerzen, sowohl geistige, als
körperliche, hinbringt; nicht aber der, dem die lebhaftesten Freuden oder die größten
Genüsse zuteil geworden sind. Für ihn sind und bleiben sie negativ: dass sie beglücken ist
ein Wahn, den der Neid zu seiner eigenen Strafe hegt. Die Schmerzen hingegen werden
positiv empfunden: daher ist ihre Abwesenheit der Maßstab des Lebensglückes.
Das ganze Leben erscheint Schopenhauer als eine Art Hölle. Man solle nur als Ziel haben,
sich in dieser Welt eine feuerfeste Stube zu verschaffen.
Spätestens hier merkt man, dass Schopenhauer eine sehr besondere Sicht auf die Welt hat,
die die meisten Menschen nicht teilen werden. Natürlich hat er recht, wenn er darauf
hinweist, dass vieles, was man für Glück hält oder als Glück anstrebt, nur von kurzer Dauer
ist. Jeder, der einmal kurz verliebt war, kennt das Problem. War man aber deswegen nicht
glücklich? Was ist mit denen, die im Moment des Glücks sterben? Soll man die bedauern?
Vor allem ist Schopenhauer sehr ungenau, was die Schmerzen angeht. Was ist mit denen,
die sich einen Berg hochgequält haben, vielleicht sogar Gefahren in Kauf genommen haben,
um dann wirkliches Gipfelglück zu erleben. Was ist mit der Fußballmannschaft, die in einem
Spiel alles gegeben hat, vielleicht sogar Verletzte zu beklagen hat, sich dann aber über
einen grandiosen Sieg freuen kann.
Aber unser Thema ist ja nicht die Kritik an großen Geistern, sondern das Gute, was auch in
berechtigtem Ärger liegen kann. In einem Punkt hat Schopenhauer wirklich Recht. Er
verweist nämlich darauf, dass man wirkliches Glück möglicherweise immer erst dann voll
und ganz erlebt, wenn man durch Schmerzen daran erinnert wird. Jeder, der mal etwas
schwerer erkrankt war, weiß, dass man nach der Gesundung das Glück der Normalität
einige Zeit sehr viel intensiver empfindet. Vielleicht hilft dann sogar ein Philosoph wie
Schopenhauer, Schmerzlosigkeit etwas bewusster zu empfinden und darin sogar Glück zu
sehen. Und Schüler mag es bei der häufig anstrengenden Lektüre großer Geister trösten,
dass man eben manchmal viel Aufwand betreiben muss, um im Sand eines Flusses oder im
Geröll eines Berges Gold zu entdecken. Gut, dass wir die Schmerzen auf uns genommen
haben, die die Lektüre Schopenhauers bereiten kann, um am Ende den einen guten
Gedanken zu entdecken, der uns glücklicher macht.

Quellen zu Schopenhauers Sicht auf Glück und Schmerzen:

https://www.glanzundelend.de/Artikel/artikelalt/arthur-schopenhauer-zitate.htm

Arthur Schopenhauer: „Aphorismen zur Lebensweisheit“ – SinndesLebens24

 

Hinweise zur Lösung der Aufgaben

1. Thema und Aussagen des Textes (Zusammenfassung):
  • Der Text ermutigt dazu, auch große Philosophen wie Schopenhauer kritisch zu hinterfragen – besonders in der Schule.

  • Schopenhauer behauptet, dass Schmerz „positiver Natur“ sei, weil man nur durch ihn das Gegenteil – also Schmerzfreiheit – erkennen könne.

  • Der Text widerspricht Schopenhauer teils: Glück und Freude entstehen oft gerade trotz Schmerzen oder durch überwundene Anstrengung.

  • Es wird betont, dass auch große Geister sich irren können – und es ein gutes Gefühl ist, ihre Gedanken weiterzudenken oder zu korrigieren.

  • Insgesamt wird Schule als lebendiger erlebt, wenn Denken nicht nur bewundert, sondern auch hinterfragt wird.


2. Stellungnahme zu Schopenhauers Sicht auf das Leben und die Schmerzen:
  • Schopenhauers Sicht ist sehr pessimistisch: Er beschreibt das Leben als „eine Art Hölle“.

  • Zwar hat er recht, dass Schmerzbewusstsein oft erst durch Kontrast mit Schmerzfreiheit entsteht – aber das ist nur ein Aspekt.

  • Viele Erfahrungen (z. B. Sport, Bergsteigen, Lernen) zeigen: Schmerz oder Anstrengung kann auch Teil von Glück sein.

  • Schopenhauers Aussage ist zu allgemein – sie übersieht, wie vielfältig Menschen Schmerzen erleben und deuten.

  • Seine Sicht wirkt einseitig negativ und lässt Lebensfreude und sinnvolle Ziele zu wenig gelten.


3. Warum es wichtig ist, große Geister kritisch zu hinterfragen:
  • Auch berühmte Denker haben nur ihre Perspektive – nicht die absolute Wahrheit.

  • Kritik an „großen Geistern“ fördert eigenständiges Denken und hilft, Argumente besser zu verstehen.

  • Wer Autoritäten hinterfragt, lernt selbstbewusst zu urteilen – das ist zentral für Demokratie und Wissenschaft.

  • Schüler*innen sollen nicht nur nachdenken, was jemand denkt – sondern auch warum und ob das überzeugend ist.

  • Gerade in der Schule entsteht so echter Lerngewinn: durch Reibung an Ideen, nicht nur durch Ehrfurcht.

 

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