Beispiel für eine Stellungnahme:
Der Schweizer Schriftsteller vertritt in einer seiner Kolumnen die These, dass, wenn immer das scheinbar positive Ergebnis einer Maßnahme gezeigt wird, das eigentlich Ergebnis einer entsprechenden Auswahl gewesen ist.
Das heißt: Wenn du jemandem eine Salbe verkaufen willst, die eine besonders reine Haut erzeugt, nimmst du einfach jemanden als Demo-Objekt, der diese Haut schon hat.
Das überträgt Dobelli dann auch zum Beispiel auf den Erfolg von Universitäten oder die Einstellung zum Glück – nach dem Motto: Kauf keine Bücher, in denen Leute, ihr Glück beschreiben, sie hatten es schon.
Wie man bei dem Dobelli-Text eine gute Stellungnahme schreiben kann:
- Man sucht den zentralen Gedanken: Häufig ist das scheinbare Ergebnis von Bemühungen nichts als das Ergebnis einer guten Auswahl. Das heißt: Bei Werbung kann es sein, dass die Leute ausgewählt wurden, weil sie schon den tollen Körperbau hatten – und nicht, um ihn mühsam erst zu erreichen.
— - Dobelli verweist selbst auf den Bereich der Werbung, wo das häufig vorkommt. Hier hat er also Recht, wenn er zu Vorsicht und Selbstkritik auffordert (in den Spiegel schauen).
— - Aber schon sein Beispiel mit der Uni stimmt so wahrscheinlich nicht. Denn dort kommen nicht nur die Besten hin, sondern vor allem die, die die reichsten Eltern haben – und die erwarten von der Uni, dass sie aus ihren Kids das Beste machen.
— - Die Uni nun besorgt sich die besten Professoren – und dann bestehen gute Chancen, dass die auch bei mäßigen Studenten viel erreichen. Die, die es nicht schaffen, müssen ggf. rechtzeitig gehen, um den Ruf der Uni nicht zu gefährden.
— - Beim Glück wiederum ist was dran: Viele Menschen sind stolz auf das, was sie erreicht haben. Sie erwarten dann, dass andere das auch so erreichen können. Sie vergessen aber, dass sie vielleicht nur günstige Voraussetzungen hatten, um glücklich zu sein. Vielleicht sind andere Menschen am Ende einer entsprechenden „Bearbeitung“ sogar noch unglücklicher, weil sie mehr Glück erreichen sollten, als ihnen möglich ist und als sie brauchen. Denn Glück ist eine sehr persönliche Angelegenheit.
— - Fazit: Man könnte sagen, dass Dobelli selbst einer Sache zum Opfer gefallen ist, nämlich der Meinung, dass man nicht merkt, dass er davon lebt, dass er möglichst knallig wirkende Thesen vertritt. Das macht sich gut in einer Kolumne, muss deshalb aber nicht so stark stimmen, wie er behauptet.
Übrigens hat Dobelli sicher nichts dagegen, wenn wir mit der Hilfe seines Buches (wir haben es uns als Hörbuch auf die Ohren gelegt) noch schneller merken, wo vielleicht ein Denkfehler vorliegt, auf den er verständlicherweise nicht hingewiesen hat 😉
Zusammenfassung:
Es kommt also darauf an:
- herauszubekommen, was die zentrale These ist,
- dann zu prüfen, was davon überzeugt
- und wo es Probleme oder Grenzen der These gibt.
Und wenn man ganz großes Glück hat, dann fällt einem auch am Ende noch ein, welchem Denkfehler jemand erlegen ist. Das macht natürlich besonders viel Spaß, wenn der Autor der Verfasser eines übrigens sehr interessanten Buches über Denkfehler ist.
Rolf Dobelli, „Die Kunst des klaren Denkens: 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen“ (2011).
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