Erich Kästner, „Sozusagen in der Fremde“ Tipps zur Analyse und Anregungen (Mat8071)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird ein Gedicht, das sehr ausdrucksstark die Einsamkeit deutlich macht, die ma nin einer Großstadt sogar unter Menschen empfinden kann.

Zugleich aber wird deutlich, wie man sich aus solch einer Situation retten kann.

Weiter unten zwei Tipps, womit man dieses Gedicht vergleichen kann.

Anmerkungen zur Überschrift

  • Der Titel deutet eine Situation an, in der jemand irgendwo ist und sich dort wie in der Fremde fühlt.
  • Das macht nur Sinn, wenn er sich in der NichtFremde befindet, also in seiner Heimat, zum Beispiel in der Umgebung seines zu Hauses.

Anmerkungen zu Strophe 1

  • In der ersten Strophe bestätigt sich diese Vermutung. Das lyrische Ich befindet sich in Berlin.
  • Hervorgehoben wird der Gegensatz zwischen der Größe der Stadt und der Winzigkeit des Tisches, an dem der Mann, um den es geht, sitzt.
  • Die nächsten beiden Zeilen verbinden beides in der Richtung, dass eine so große Stadt so etwas Kleines wie ihn nicht braucht.
    Man merkt deutlich, dass hier die Gedanken des Mannes wiedergegeben werden.
    So könnte auch das lyrische Ich von sich selbst sprechen, eben mit der Distanz des Wechsels der Personenperspektive – statt „ich“ eben „er“.
  • Deutungshypothese: Der Mann leidet offensichtlich an Bedeutungslosigkeit und wahrscheinlich auch an Einsamkeit. Denn wenn er einen geliebten Menschen hätte, würde der ihn zumindest brauchen.
  • Anschließend wird darauf hingewiesen, dass um ihn herum nichts ist als Plüsch. Konkret gemeint damit ist zunächst einmal wahrscheinlich eine gemütlich wirkende Bespannung der Stühle, wie man es in Cafés oder Restaurants vorfindet.
  • Das ist aber sicherlich auch im übertragenen Sinne gemeint: Um ihn herum gibt es nur eine Nettigkeit ausstrahlende Förmlichkeit, hinter der aber – wie sich herausstellt, nichts Herzliches steckt.

Anmerkungen zu Strophe 2

  • In der zweiten Strophe wird dann ein weiterer Gegensatz hervorgehoben.
  • Das nächste, was den Mann bedrückt, sind die vielen Spiegel, die in Restaurants und Cafés zu finden sind.
    • Da sieht er die gleichen Leute noch mal, natürlich in der gleichen Situation.
    • Das Schlimme daran für ihn ist wahrscheinlich, dass seine Umgebung damit noch vergrößert wird.
    • Damit macht sich gewissermaßen das Café, in dem er wahrscheinlich sitzt, zur einer Art Ebenbild der Großstadt Berlin.
    • Denn dort wiederholt sich auch vieles, man denke etwa an Häuserblocks.

Anmerkungen zu Strophe 3

  • Angesichts dieser Gesamtatmosphäre ist es kein Wunder, dass der Mann jetzt auch die helle Beleuchtung nur als Ausgangspunkt für Blässe sieht. Und die steht ja nicht für gesundes Leben.
  • Das nächste Kennzeichen der Atmosphäre ist die Verbindung von Parfum und Gebäck.
    • Gebäck steht hier für das, was man im Café zu sich nehmen kann,
    • Parfum wahrscheinlich für die Art und Weise, wie man sich in der Öffentlichkeit präsentiert.
    • Die Menschen machen sich damit zu etwas, überdecken damit ihren Eigengeruch.
    • Das mag in der Praxis häufig ganz nützlich sein.
    • Hier steht es aber möglicherweise ähnlich wie Plüsch für die Förmlichkeit der Atmosphäre.
    • Die wiederum kann mit Distanz verbunden werden.
  • Die letzten drei Zeilen präsentieren eine minimale Kontaktaufnahme.
    • Dieser Mann zumindest schaut die anderen Leute an,
    • aber das, was er sieht, gefällt ihm nicht.
  • Darauf wird nicht näher eingegangen. Aber es fasst die Gesamtsituation aus der Sicht dieses Mannes gut zusammen.
  • Man merkt auch deutlich, dass ihn hier weniger die Umgebung oder die Ausstattung des Lokals stört als die Art und Weise, wie die Menschen sich präsentieren und wie sie miteinander umgehen.

Anmerkungen zu Strophe 4

  • Es folgt eine Art Übersprungshandlung. Darunter versteht man eine Tätigkeit, die eigentlich nicht viel Sinn macht. Sie dient nur der Abfuhr von innerer Erregung oder zumindest unangenehmen Gefühlen.
  • Auch die nächste Zeile macht deutlich, dass dieser Mann sich hier nicht wohl fühlt. Denn wer nichts anderes zu tun hat als in sein Glas zu blicken, dem geht es bestimmt nicht gut
  • Auffallend an den nächsten Zeilen ist die Ausweitung des negativen Gefühls auf das ganze Leben.
  • Das wird dann allerdings sofort wieder reduziert auf die Stadt, in der sich niemand für ihn interessiert.
  • Damit dürfte klar sein, dass dieser Mann hier nicht an Selbstmord denkt, sondern es nur um diese Stadt und diese Umgebung geht.

Anmerkungen zu Strophe 5

  • Die letzte Strophe macht ein deutlich, dass dieser Mann sich nicht mit seiner Situation abfindet, sondern erfinderisch
  • Er steht nämlich auf und zieht den Hut. Das bedeutet hier so viel, dass er die anderen Leute begrüßt.
  • Damit erregt er ihre Aufmerksamkeit und tritt aus der Isolation heraus.
  • Außerdem zwingt er die anderen Menschen mit der Geste zu einer zumindest minimalen Reaktion.
  • Selbst wenn die Leute nur erstaunt gucken und sich vielleicht sogar abwenden, müssen sie sich kurz mit ihm beschäftigt haben.
  • Es kann aber auch sein, dass jemand aus der eigenen Plüsch- und Parfum-Förmlichkeit ausbricht und den Mann anspricht.
  • Damit ergibt sich für den Leser eine gute Möglichkeit, dieses Gedicht weiterzuschreiben oder zumindest weiterzudenken.
  • Möglich wäre etwa, dass einer, der sich besonders angesprochen fühlt, fragt:
    „Kennen wir uns?“
    Und die Antwort könnte sein:
    „Nein, aber ich würde mich freuen, wenn wir uns kennenlernen.“

Was zeigt das Gedicht? (Aussagen, Intentionalität)

Insgesamt ein Gedicht,

  1. das die Einsamkeit eines Menschen zeigt und zwar verbunden mit dem Phänomen Großstadt.
  2. Hervorgehoben wird der maximale Gegensatz zwischen den menschlichen Möglichkeiten, die eine Großstadt bietet, und der realen Distanz.
  3. Dies erinnert wieder an Wolfensteins Gedicht (siehe oben).
  4. Das zweite, was dieses Gedicht deutlich macht, ist, dass man nicht in dieser Einsamkeit ersticken muss.
  5. Vielmehr kann man ausbrechen, auch wenn das natürlich mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden sein kann.
  6. Dies erinnert an die Geschichte mit dem Busfahrer, der plötzlich die Fahrgäste aufruft, sich miteinander bekannt zu machen:

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