Kurt Tucholsky, „Luftveränderung“ (Mat1761)

Anmerkungen zu Tucholskys Gedicht „Luftveränderung“

Vorab-Hinweis auf zusammenfassendes Schaubild

Wir haben auf der folgenden Seite noch ein Schaubild hinzugefügt, das in einer mp3-Datei erklärt wird. Außerdem gibt es dort eine kurze Zusammenfassung.
https://textaussage.de/1761-mp3

Kurt Tucholsky

Luftveränderung

  • Der Titel „Luftveränderung“ wird normalerweise verstanden als eine Verbesserung der Luft, was der Gesundheit dienen soll.
  • Dementsprechend ist das eine landläufige Empfehlung, wenn jemand in einer Situation überfordert ist oder einfach auch mal einen Tapetenwechsel braucht.

Strophe 1

Fahre mit der Eisenbahn,
fahre, Junge, fahre!
Auf dem Deck vom Wasserkahn
wehen deine Haare.

  • Die erste Strophe des Gedichtes präsentiert die wiederholte Aufforderung an einen Jungen zu fahren.
  • Das wird verbunden mit zwei konkreten Empfehlungen, einmal mit der Eisenbahn, zum anderen mit einem Wasserkahn.
  • Das wird dann noch erweitert, indem im zweiten Falle davon die Rede ist, dass die Haare dabei wehen – was man als Zeichen von Vorwärtskommen und Freiheit verstehen könnte.

Strophe 2

Tauch in fremde Städte ein,
lauf in fremden Gassen;
höre fremde Menschen schrein,
trink aus fremden Tassen.

  • Die zweite Strophe macht dann deutlich, dass es weniger um direkt gesundheitliche Fragen geht, sondern eher um ein Herauskommen aus einer vielleicht eingefahrenen oder sonstwie belastenden Situation.
  • Dafür kommen vor allem „fremde Städte“ in Frage, in die man regelrecht „eintauchen“ kann, d.h. alles andere hinter sich lassen, ganz woanders sein und dabei auch zu sich selbst finden.
  • Das wird dann noch konkretisiert, indem von „fremden Gassen“ die Rede ist, in der man „fremde Menschen“ findet und wo man sogar aus „fremden Tassen“ trinken kann.
  • Ganz offensichtlich kommt es besonders auf die Fremde sein, eine andere Welt.

Strophe 3

Flieh Betrieb und Telefon,
grab in alten Schmökern,
sieh am Seinekai, mein Sohn,‘
Weisheit still verhökern.

  • In dieser Strophe bestätigt sich der Eindruck, dass hier jemand mal von seinem Arbeitsleben wegkommen muss.
  • Dieser Welt wird eine mit alter Kultur, entsprechenden berühmten Orten entgegengestellt, wo sogar „Weisheit“ zu erwerben ist.

Strophe 4

Lauf in Afrika umher,
reite durch Oasen;
lausche auf ein blaues Meer,
hör den Mistral blasen!

  • Diese Strophe erweitert das „Fremde“ in Richtung Abenteuer und eine herzerwärmende Natur.

Strophe 5

Wie du auch die Welt durchflitzt
ohne Rast und Ruh –:
Hinten auf dem Puffer sitzt
du.

  • Erst die letzte Strophe macht dann deutlich, dass es sich nicht wirklich um ernstgemeinte Vorschläge handelt,
  • sondern dass hier nur eine fremde „Welt durchflitzt“ wird.
  • Man kann sich dort nur durch Geschwindigkeit und Rastlosigkeit betäuben.
  • Die beiden letzten Zeilen machen dann eine alte Lebensweisheit deutlich, dass man sich selbst überall hin mitnimmt.
  • Wenn man also selbst in sich ein Problem hat oder es sogar selbst ist, bringt es nach Auffassung des lyrischen Ichs nichts, das alles in eine fremde Welt mitzunehmen und dabei zu hoffen, dass es verschwindet.
  • Ein schöner Einfall ist die Verkürzung der letzten Strophe, die eine Art Knalleffekt hervorbringt, der die entscheidende Botschaft besonders prägnant wirken lässt.
  • Auch das Bild des Puffers erscheint gelungen, weil da im Zugwagen etwas mitfährt, was man direkt nicht sieht, was sich aber dann bald bemerkbar macht.

Aussage, Bedeutung und Anregung

Das Gedicht zeigt,

  • dass es viele Möglicheiten gibt, vor seinen Problemen davonzulaufen,
  • indem man in eine ganz andere Welt „eintaucht“.
  • Es wird deutlich gemacht, dass man seine Probleme aber nicht los wird,
  • wenn man sie einfach mitnimmt
  • und nicht bearbeiten will.

Insgesamt wird eine Lebensweisheit in Appelle und eine Schlussfolgerung verpackt, die viel für sich hat, die aber in dieser Absolutheit nicht gelten muss.

Denn natürlich kann eine „Luftveränderung“ helfen, aber das kann nur eine bessere Basis dafür schaffen, um an seine Probleme heranzugehen – ggf. mit Hilfen.

Unser spezielles Angebot für Leute, die vor schwierigen Gedichten sitzen:

Du hast ein Gedicht vor dir – und verstehst seine Aussage nicht?

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Einfach die folgende Seite aufrufen und das Gedicht dort reinstellen – wenn möglich einfach als Text reinkopieren
https://textaussage.de/schnelle-hilfe-bei-aufgaben-im-deutschunterricht

Oder ein Handy-Foto des Gedichtes erstellen und mit Hilfe dieser Internetseite zu einem anonymen Link verarbeiten.
https://share.hidrive.com/upload
oder
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Den Link kann man dann auf die gleiche Seite packen – und wir wissen dann, worum es geht.
Einfach mal ausprobieren
Wir freuen uns über Anregungen.

Kreative Anregung:

Hier könnte man schön ein Gegengedicht bzw. eins schreiben, das weiterführt, stärker differenziert.

Dabei sollte man auf Reimzwänge verzichten und sich lieber auf einen passenden Rhythmus konzentrieren.

Wir wäre es denn etwa mit dem folgenden Beginn:

Wie war es doch einmal so schön.
Man ging auf Reisen und vergaß die Welt,
die einen quälte und nicht ruhen ließ.

War man schließlich am Sehnsuchtsort,
Man machte, was man wollte.
Man konnte Tage warten,
bis vielleicht Regen kam
und man dann ein paar Karten schrieb.

Ganz anders sieht es heute aus.
[Und dann geht man auf all das ein, was einen heute an der Erholung hindern kann. Wer übrigens wirklich glaubt, keine E-Mails im Büro abrufen zu müssen, das Handy ausstellt, erlebt so eine Art Post-Holiday-Syndrom, wie es z.B. auf dieser Seite beschrieben wird.]

Weiterführende Hinweise