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Auf der Seite
https://textaussage.de/schnell-durchblicken-bei-dem-gedicht-grossstadt-von-wolfgang-borchert
haben wir Borcherts Gedicht vorgestellt.
Hier zeigen wir, wie man auf den Gedanken kommen kann, dass hier jemand nach dem II. Weltkrieg noch im Stil des Expressionismus schreibt, der seinen Höhepunkt im Umfeld des I. Weltkrieges hatte.
Wolfgang Borchert
Großstadt
- Die Göttin Großstadt hat uns ausgespuckt
- in dieses wüste Meer von Stein.
- Wir haben ihren Atem eingeschluckt,
- dann ließ sie uns allein.
- Die Hure Großstadt hat uns zugeplinkt –
- an ihren weichen und verderbten Armen
- sind wir durch Lust und Leid gehinkt
- und wollten kein Erbarmen.
- Die Mutter Großstadt ist uns mild und groß –
- und wenn wir leer und müde sind,
- nimmt sie uns in den grauen Schoß –
- und ewig orgelt über uns der Wind!
Besonderheiten des Expressionismus (ca. 1910–1925)
- Große Gefühle, starke Bilder:
Statt nüchterner Beschreibung wird das Innere nach außen gestülpt – mit grellen, übertriebenen Metaphern. - Kritik an der Moderne:
Großstadt, Technik und Krieg werden oft als bedrohlich, entfremdend und zerstörerisch erlebt. - Aufschrei gegen die „alte Welt“:
Viele Dichter wollten mit Traditionen brechen – Kunst sollte nicht verschönern, sondern wachrütteln. - Zerrissene Wahrnehmung:
Erfahrungen werden als chaotisch, fragmentarisch, überfordernd dargestellt. - Dunkle Themen:
Angst, Einsamkeit, Untergangsgefühle – aber auch eine Suche nach dem „Neuen Menschen“.
Expressionistische Merkmale bei Borchert: „Großstadt“
- Personifikation/Übersteigerung:
Die Stadt tritt als Göttin, Hure und Mutter auf – typisch expressionistische Bildsprache, die Extreme nebeneinanderstellt. - Ambivalenz von Faszination und Bedrohung:
Lust und Leid, Trost und Einsamkeit – die Großstadt erscheint zugleich verführerisch und zerstörerisch. - Kritik an der modernen Welt:
„wüstes Meer von Stein“, „grauer Schoß“ – die Natur ist verschwunden, nur Kälte und Anonymität bleiben. - Gefühl der Ausgeliefertheit:
„hat uns ausgespuckt“, „ließ sie uns allein“ – das lyrische Ich wirkt klein, hilflos, vom Umfeld beherrscht. - Starke Sprachbilder, Rhythmus, Aufschrei-Charakter:
Worte wie „orgelt der Wind“ oder „verderbte Arme“ rufen intensive, fast halluzinatorische Eindrücke hervor.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Stadtgedichte – Sammlung
Sammlung von Gedichten, die jeweils kurz vorgestellt werden, auch mit Hinweisen auf ihren Einsatz im Unterricht bzw. speziell bei Klassenarbeiten und Klausuren
https://textaussage.de/sammlung-stadtgedichte
— - Stadtgedichte: Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/thema-stadt-in-gedichten-infos-tipps-und-materialien-themenseite
— - Expressionismus
https://textaussage.de/expressionismus-themenseite
—
Sammlung von Gedichten des Expressionismus – nach Themen sortiert:
https://textaussage.de/gedichte-expressionismus-sortiert-nach-themen
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
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