Kafka-Klausur-Check2: Materialgestützte Klausur optimal schreiben (Lernvideo) (Mat1307)

 

1. Was ist das Besondere an einer „materialgestützten“ Klausur?

Es gibt Fortschritt im Deutschunterricht, wie das folgende Schaubild zeigt:

  • Bis vor kurzem bestanden Deutsch-Klausuren aus einem mehr oder weniger kurzen Text(ausschnitt), einer mehrgliedrigen Aufgabe und der Hoffnung auf ausreichend viel Wissen und Methodenbeherrschung beim Schüler.
  • Ein besonderes Problem war dabei immer, dass man mit einer Gedichtinterpretation oder der Analyse einer Dramenszene im späteren Leben wenig anfangen konnte – es sei denn, man wurde selbst Deutschlehrer.
  • Nun seit einiger Zeit schon ein neuer Trend:
    • Man bekommt nicht mehr nur einen Text, an dem man sich dann stundenlang abmühen muss – in der Hoffnung, ihn mit all seinen Geheimnissen und Verständnistücken zu verstehen,
    • nein: Man bekommt mehrere Texte, die man nicht mehr komplett analysieren, sondern „nur“ auswerten soll.
    • Die eigentliche Aufgabe ist dann nicht mehr, eine Analyse eines Textes zu schreiben,
    • sondern aus mehreren heraus eine Aufgabe zu bewältigen, wie sie im wirklichen Leben durchaus vorkommt.
  • Wieso mehr Lebensnähe:
    • Nun zur geistigen Arbeit an der Uni zum Beispiel gehört es doch, mehrere Informationsquellen auszuwerten und daraus etwas Neues zu machen, zum Beispiel die Beantwortung einer Frage.
    • Im praktischen Berufsleben bekommt man die Aufgabe, ebenfalls eine Frage zu klären – und dann sucht man sich eben auch die Infos, die man braucht – und erstellt dann einen Bericht, der zumindest den Chef glücklich macht.
    • Und nun gibt es auch in der Schule Aufgaben – wie zum Beispiel die Klärung der Frage, ob die eigene Schule nicht in „Franz-Kafka-Gymnasium“ umbenannt werden sollte. Eine entsprechende Klausur in einem Deutschbuch des Cornelsen-Verlages werden wir im Folgenden vorstellen.
  • Außerdem eine echte Erleichterung für Schüler:
    • Wie wir schon andeuteten, sind sie nicht mehr nur einem einzigen Text ausgesetzt und müssen den nach allen Regeln der Kunst „auseinandernehmen“,
    • sondern sie dürfen Info-Quellen in ihre Bausteine zerleben und daraus etwas Neues machen – zum Beispiel ein Statement für die Schulkonferenz oder eine Info-Schrift für die Mitschüler und Eltern.

 

2. Wie könnte eine „materialgestützte“ Klausur z.B. zu Kafka aussehen?

  • Gegeben wird ein doppelter Kontext:
    • Zum einen geht es um das Problem bzw. die Frage, ob die eigene Schule in „Franz-Kafka-Gymnasium“ umbenannt werden soll.
    • Zum anderen geht es um einen Deutschkurs, dem man angehört und der eine Info-Broschüre zu der Frage verfassen soll, die sich an Mitschüler und Eltern richtet, die nicht so fit im Thema sind.
  • Dazu kommt dann eine spezielle Aufgabe für den Klausurschreiber, nämlich einen Text zur Frage der Aktualität Kafkas zu schreiben.
  • Das Schöne ist nun, dass der Klausurschreiber gar nicht mit eigenem Denken beginnen muss, sondern sich von fünf Materialien  anregen lassen kann:
    1. Ein Interview (aus dem Jahre 2007) mit einem Verleger, der viel zu Kafka herausgebracht hat und als „Kafka-Experte“ vorgestellt wird
    2. Ein Material aus dem Jahre 2013, das auf der Homepage der „Deutschen Welle“ – also eines Radio- und Fernsehsenders veröffentlicht worden ist, der sich vor allem an deutscher Kultur interessierte Ausland richtet. Hier finden sich verschiedene Informationen zur Frage der Aktualität Kafkas, die vorwiegend von anderen Leuten stammen.
    3.  Eine Recherche aus dem Berliner Theaterleben aus dem Jahre 2009, in dem es darum geht, wie dramatische Bearbeitungen von Kafka-Texten beim Publikum ankommen.
    4. Zwei Bilder aus einer Graphic Novel, in der im Jahre 2013 versucht wurde, Kafkas Roman „Der Prozess“ in in einen anspruchsvollen Comic zu verwandeln.
    5. Die durchaus kritische Vorstellung eines Buchmagazins, das eine Ausgabe Kafkas Aktualität widmet, dabei allerdings ungewöhnlich alltagspragmatisch vorgeht und verschiedenen Autoren Gelegenheit gibt, zum Teil etwas randständige Aspekte von Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ sehr subjektiv zu behandeln.

3. Worauf es bei der Auswertung der Materialien ankommt

  1. Wichtig ist natürlich vor allem, die Aufgabe im Auge zu behalten, in diesem Falle die Frage, wie aktuell Kafka ist – natürlich mit Blick auf eine mögliche Umbenennung der Schule. Das heißt, dass man schon seine Schülerperspektive einbringen darf, ja sollte.
  2. In einem zweiten Schritt sollte man die Materialien in zweierlei Hinsicht prüfen:
    1. Zum einen geht es darum, wer hier auf welche Weise und in welchem Kontext sich präsentiert. Hier sehen wir das größte Problem, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass in Deutschklausuren vor allem Sachtexte ohne viel Kontext präsentiert werden.
      1. Wieviel Kompetenz kann man voraussetzen?
      2. Wieviel „Interesse“ muss man möglicherweise „abziehen“. Gemeint ist damit, dass die Aussagen doch etwas davon bestimmt sind, dass man etwas so darstellt, wie es den eigenen Interessen dient.
    2. Zum anderen geht es um die Brauchbarkeit des Materials für die Fragestellung:
      1. Wie überzeugend werden Fakten und Argumente präsentiert.
        Besonders hier fließt natürlich das ein, was man selbst an Wissen und Problembewusstsein aus dem Unterricht im Kopf hat.
      2. Wie subjektiv ist die Sichtweise möglicherweise?
      3. Welche Aspekte werden berücksichtigt?
      4. Von welcher Bedeutung sind die einzelnen Infos bzw. Thesen für die Fragestellung.

Video-Dokumentation

Hier kann die Dokumentation als pdf-Datei heruntergeladen werden.

Und hier der Link zum Youtube-Video.

Hier noch das wichtigste Schaubild, das deutlich macht, wie aus den Materialien das herausgeholt worden ist, was man für die spätere Schreibaufgabe braucht.

Die drei Teile dieser Materialreihe:

Check einer Aufgabe im Cornelsen-Oberstufen-Schulbuch „Texte, Themen und Strukturen“ von 2014/2016
(ISBN: 978-3-464-68112-1)
Seiten 185-191

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