Anmerkungen zum Gedicht „Zeit“ von Ludwig Tieck – mit Querverweisen

Anmerkungen zu dem Gedicht „Zeit“ von Ludwig Tieck

So wandelt sie im ewig gleichen Kreise,
Die Zeit, nach ihrer alten Weise,
Auf ihrem Wege taub und blind;

  • Feststellung einer menschlichen Erfahrung, nach der die Zeit
    • zum einen immer auf die gleiche Weise funktioniert hat und
    • außerdem auf ihrem Wege „taub und blind“ gewesen ist, also sich um nichts anderes gekümmert hat, vor allem wohl nicht um das Schicksal von Menschen.

Das unbefangne Menschenkind
Erwartet stets vom nächsten Augenblick
Ein unverhofftes seltsam neues Glück.

  • Wie erwartet geht das Gedicht jetzt ein auf die ganz andere Situation des Menschen.
  • Er hat nicht die Erfahrung, ist „unbefangen“
  • und stets Optimist, in Erwartung von Glück.

Die Sonne geht und kehret wieder,
Kommt Mond und sinkt die Nacht hernieder,
Die Stunden die Wochen abwärts leiten,
Die Wochen bringen die Jahreszeiten.

  • Im nächsten Schritt wird noch mal genauer auf die verschiedenen Elemente eingegangen, an denen man den Verlauf der Zeit feststellen kann.

Von außen nichts sich je erneut,
In dir trägst du die wechselnde Zeit,
In dir nur Glück und Begebenheit.

  • Am Ende dann die Schlussfolgerung:
  • Noch einmal der Hinweis, dass man „von außen“ nichts zu erwarten hat.
  • Stattdessen sei der Wechsel in der Zeit etwas, was innerlich im Menschen sei.
  • Und das bedeute auch „Glück und Begebenheit“.

Aussage:

  • Das Gedicht soll wohl deutlich machen, dass der Mensch nichts von außen erwartet sollte – denn die „Zeit“ als Symbol für die großen Entwicklungen, interessiert sich nicht für ihn, ist blind.
  • Glück kann er nur in sich selbst finden – denn dort gibt es kleine Veränderungen und Entscheidungsmöglichkeiten.“

Was Voltaire dazu meint …

  1. Im Schlusskapitel des Romans “Candide“  des französischen Philosophen Voltaire hört der Held mit zwei Freunden davon, dass in Konstantinopel hohe Beamte und ihre Freunde auf Befehl des Sultans hingerichtet worden sind.
  2. Als sie auf dem Heimweg einen einfachen alten Mann nach dem Namen der betroffenen Leute fragen, erklärt er ganz offen, er kümmere sich nicht um diese Dinge. Denn wer sich in solche Angelegenheiten einmische, habe nur Ärger davon.
  3. Er schicke nur die Früchte, die er in seinem Garten ernte, nach Konstantinopel und damit sei es gut.
  4. Als die drei Freunde dann anschließend von dem alten Mann und seinen Töchtern auch noch auf das Beste bewirtet werden, erkennen sie, dass diese Familie für sich den richtigen Weg zum Glück gewählt habe.
  5. Als Lehre für ihr Leben nehmen sie mit, dass die praktische Arbeit im eigenen Garten vor drei schlimmen Dingen schützen, vor der Langeweile, vor dem Laster und vor dem Mangel, also von Notlagen.
  6. Diese Episode macht also deutlich, dass man als Mensch gut daran tut, sich nicht mit großen Dingen zu beschäftigen, mit denen man eigentlich nichts zu tun hat und die man auch nicht ändern kann.. Besser sei es, sich um sein unmittelbares Umfeld zu kümmern und daraus sein Glück zu gewinnen.

Was Goethe dazu meint

Man kann das Gedicht gut mit „Das Göttliche“ von Goethe vergleichen:
Goethe, „Das Göttliche“ – oder besser: Wie der Mensch ein bisschen übermenschlich wird

  • Dort geht es darum, dass über den Menschen wie den Göttern die unerbittliche Zeit herrsche.
  • Aber der Mensch habe die Möglichkeit, sich „göttlich“ zu verhalten: edel, hilfreich, gut – und dem also eine bessere, gerechtere Welt, zumindest in seinem kleinen Maßstab, entgegensetzen.

Was Adalbert Stifter dazu meint …

„Weil wir aber schon einmal von dem Großen und Kleinen reden, so will ich meine Ansichten darlegen, die wahrscheinlich von denen vieler anderer Menschen abweichen. Das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Wachsen der Getreide, das Wogen des Meeres, das Grünen der Erde, das Glänzen des Himmels, das Schimmern der Gestirne halte ich für groß: das prächtig einherziehende Gewitter, den Blitz, welcher Häuser spaltet, den Sturm, der die Brandung treibt, den feuerspeienden Berg, das Erdbeben, welches Länder verschüttet, halte ich nicht für größer als obige Erscheinungen.“

Ideen für ein Schaubild:

  • Man könnte einen Menschen zeigen, der auf die großen Entwicklungen blickt und von dort sein Glück erwartet.
  • Dabei sieht er nicht, wie Menschen und Gelegenheiten vor seinen Füßen vorbeigehen, die er nicht beachtetet – damit verpasst er sein Glück.
  • Oder aber jemand liest ständig in der Zeit oder schaut sich die Nachrichten an – aber er vergisst den Geburtstag seiner kleinen Tochter und besucht auch nicht einen kranken Freund usw.

Es gibt auch eine Kurzfassung der Erläuterungen zu diesem Gedicht, dort ist mal probiert worden, den Inhalt des Gedichtes in einer Skizze unterzubringen.
https://textaussage.de/5-min-tipp-ludwig-tieck-zeit

 

 Wer noch mehr möchte …