Schnell durchblicken: Juli Zeh, „Corpus delicti“, Kap 21-26 (Mat2257-5)

Worum es hier geht:

Julie Zeh, „Corpus delicti“ – schneller Überblick über den Inhalt mit Schlüssel-Textstellen

  • Es gibt viele Gründe, ein literarisches Werk kurz und übersichtlich vorzustellen.
  • Meistens geht es dabei nur um den Inhalt.
  • Wir wollen hier aber zugleich auch wichtige Textstellen präsentieren.
  • Daraus ergeben sich nämlich auch schon erste Interpretationsansätze.
  • Noch wichtiger ist uns die Frage: Was fangen wir mit solchen Textstellen an? Worüber lässt sich diskutieren?

Fragen zum Text stellen wir auf der folgenden Seite zusammen:

https://www.einfach-gezeigt.de/corpus-delicti-fragen

  • Die Seitenangaben beziehen sich auf die E-Book-Ausgabe des Romans, die zum Beispiel hier zu bekommen ist.
  • Zum Teil gibt es auch nur „Positionsangaben“, die man dann mit der eigenen Ausgabe „verrechnen“ muss.
  • Die letzte Seite hat auf auf jeden Fall die Nummer 250.

Wir haben die Vorstellung des gesamten Romans auf handliche Teilseiten zerlegt.

Hier die Gesamtübersicht:

  • Gesamtüberblick über die Kapitelvorstellungen des Romans „Corpus delicti“
  • Kap 21 (S. 69ff): „Recht auf Krankheit“

    In diesem Kapitel wird Mia von der idealen Geliebten gezwungen, sich ein Fernsehinterview anzuschauen, in dem Kramer die Methode verteidigt und ihre Kritiker diffamiert.

    Zunächst äußert sich Kramer sehr zurückhaltend, fast freundlich wohlwollend über die so genannten Anti-Methodisten. Bald wird aber deutlich, dass es nur ein Trick ist, um sie hinterher als umso gefährlicher darstellen zu können.

    Sehr einseitig wird ihre Position als ein sich aus der Entwicklung ergebendes Missverständnis bezeichnet. Die Methode habe dazu geführt, dass Menschen im Alter von Mia sich das Schreckliche von Krankheit und Sterben gar nicht mehr vorstellen können, und so kommt es zu einer gefährlichen Verharmlosung.

    Im Schlussteil wird Kramer immer deutlicher und bezeichnet die Anti-Methodisten als so gefährlich, dass man gegen sie sogar Krieg führen müsse.

    Schlüssel-Zitate:

    “Methodenfeinde sind Zyniker [nicht aus Bösartigkeiet, sondern aus Unwissen.” (70)] “Ausgerechnet das perfekte Funktionieren der METHODE führt also dazu, dass man ihren Sinn vergisst.” (71)

    “Wer die METHODE bekämpft, ist ein Reaktionär.” (74)

    “Anti-Methodismus ist ein kriegerischer Angriff, dem wir mit Krieg begegnen werden.” (74)

    Eine Auseinandersetzung mit ihren Ideen findet nicht statt, stattdessen Diffamierung. Insgesamt eine Situation, wie man sie aus totalitären Regimes her kennt, bei denen die Mächtigen wissen, was für das Volk gut ist, und alternative Vorstellungen und Lebenskonzepte gar nicht mehr zulassen.

    Es lohnt sich, dieses Kapitel auf seine Manipulation hin zu untersuchen.

    Dabei geht es nicht darum, von vornherein das, was Kramer vorträgt, komplett abzulehnen. Es geht nur um eine ergebnisoffene Diskussion und die lassen dieser Mann und das dahinter stehende System nicht so.

    Letztlich also kein Diskurs, sondern hoch manipulative Propaganda.

    Kreativer Impuls: Das Konzept der Methode sollte man mal vergleichen mit dem Konzept, das Goethe bei Faust noch entwickelt. Dieser will ja gerade auch die Schmerzen der Menschheit in sich selbst erleben und fühlen und ist sogar bereit, am Ende mit ihr zu zu scheitern.

    Hier das Original-Zitat aus Goethes Faust, Szene „Studierzimmer“

    „Du hörest ja, von Freud‘ ist nicht die Rede.

    Dem Taumel weih‘ ich mich, dem schmerzlichsten Genuss,

    Verliebtem Hass, erquickendem Verdruss.

    Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist,

    Soll keinen Schmerzen künftig sich verschließen,

    Und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist,

    Will ich in meinem innern Selbst genießen,

    Mit meinem Geist das Höchst‘ und Tiefste greifen,

    Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen,

    Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,

    Und, wie sie selbst, am End‘ auch ich zerscheitern.“

    Kap 22 (S. 76ff): „Das Ende vom Fisch“

    In diesem Kapitel zeigt sich die problematische Seite von Moritz. Denn er wendet regelrecht körperliche Gewalt an, um Mia zum Verlassen des erlaubten Gebietes zu bewegen. Darüber kann man zumindest diskutieren.

    Anschließend kommt es dann zumindest zu einer guten Auseinandersetzung zwischen den beiden über die Grundfrage, was menschlich ist.

    Hier äußert Moritz genau das, was wir oben schon am Beispiel von Faust aufgezeigt haben:

    „Im Gegensatz zum Tier kann ich mich über die Zwänge der Natur erheben.

    Ich kann Sex haben, ohne mich vermehren zu wollen.

    Ich kann Substanzen konsumieren, die mich für eine Weile von der sklavischen an Ketten in den Körper erlösen.

    Ich kann den Überlebenstrieb ignorieren und kann mich in Gefahr bringen, allein um den Reiz der Herausforderung willen.

    Dem wahren Menschen genügt das Dasein nicht, wenn es ein bloßes Hier-Sein meint.

    Der Mensch muss sein Dasein erfahren. Im Schmerz. Im Rausch. Im Scheitern. Im Höhenflug. Im Gefühl der vollständigen Machtfülle über die eigene Existenz. Über das eigene Leben und den eigenen Tod.

    Das, meine arme, vertrocknete Mia Holl, ist Liebe.“ (77)

    Mia wirft ihrem Bruder daraufhin vor, zum einen unehrlich zu sein, weil seine Sicherheit ja dann von anderen bezahlt werden muss.

    Sie hält seine Ideen für ein „mythisches Mäntelchen“ (80) und wirft ihm Selbsthass vor, den er auf das System überträgt.

    Sie kann nicht verstehen, dass Moritz wirklich bereit ist, alles zu riskieren, sogar sein Leben in Frage zu stellen: „Nur wenn ich mich auch für den Tod entscheiden kann, besitzt die Entscheidung zugunsten des Lebens einen Wert.“ (80)

    Aber auch hier zeigt sich, dass beide Seiten in Bereiche vor stoßen, wo es um die eigene Identität geht.

    Dementsprechend ist Streit gar nicht zu vermeiden.

    Nebenbei erfährt der Leser dann noch, dass Moritz im Alter von 6 Jahren eine Knochenmarkspende bekommen hat. Dafür soll er ihrer Meinung nach dankbar sein, was dieser aber ablehnt.

    Außerdem erfährt man, dass Moritz sich offensichtlich in ein gleichgesinntes Mädchen namens Sybille verliebt hat, was bei Mia eine gewisse Eifersucht auslöst.

    Kap 23 (S. 98ff): „Der Hammer“

    Richterin ist empört, dass Mia ihr “Friedensangebot” (85) aus der letzten Verhandlung infragestellt:

    “Geistige Krankheiten […] sind mindestens so gefährlich wie körperliche. Und dabei schwerer zu beweisen.” (84)

    “Der Härtefallantrag wird abgelehnt.” (89)

    Kap24 (91ff): Mia zu Rosentreter: “hat mich heute vor Gericht ans Messer geliefert.” (92)

    Rosentreter will den Fall von Moritz erneut aufrollen.

    Mia: “Was Sie da planen, ist keine Verteidigung. Sondern ein Feldzug.” (95)

    “… ich habe ein Recht zu erfahren, warum!” (96)

    Kap 25 (S. 112ff): „Unzulässig“

    Kap25 (112ff):Rosentreter erzählt von seiner Liebe:

    “Wir führen eine Distanzbeziehung ohne Beziehung” (98)

    “Nach der METHODE ist unzulässige Liebe ein Kapitalverbrechen. Wenn ich meine Liebe vollziehe, steht das auf einer Stufe mit dem vorsätzlichen Verbreiten von Seuchen.” (99)

    Rosentreter will eine “Wiederaufnahme” des Verfahrens von Moritz erreichen, vielleicht “sogar seine Unschuld beweisen” (100)

    Kap 26 (S. 116ff): „Schnecken“

    Kap26 (102ff):Kramer erscheint und will von Mia eine “Verbesserung der Informationslage” im Hinblick auf Moritz.

    Dabei erfährt er von der Leukämie, von der Moritz geheilt worden ist.Dieses Wort hat “das Raumklima verändert” /110) – Rosentreter ist “ins Grübeln gekommen.”

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