Schnell durchblicken: Juli Zeh, „Corpus delicti“, Kap 37-41 (Mat2257-8)

Worum es hier geht:

Julie Zeh, „Corpus delicti“ – schneller Überblick über den Inhalt mit Schlüssel-Textstellen

  • Es gibt viele Gründe, ein literarisches Werk kurz und übersichtlich vorzustellen.
  • Meistens geht es dabei nur um den Inhalt.
  • Wir wollen hier aber zugleich auch wichtige Textstellen präsentieren.
  • Daraus ergeben sich nämlich auch schon erste Interpretationsansätze.
  • Noch wichtiger ist uns die Frage: Was fangen wir mit solchen Textstellen an? Worüber lässt sich diskutieren?

Fragen zum Text stellen wir auf der folgenden Seite zusammen:

https://www.einfach-gezeigt.de/corpus-delicti-fragen

  • Die Seitenangaben beziehen sich auf die E-Book-Ausgabe des Romans, die zum Beispiel hier zu bekommen ist.
  • Zum Teil gibt es auch nur „Positionsangaben“, die man dann mit der eigenen Ausgabe „verrechnen“ muss.
  • Die letzte Seite hat auf auf jeden Fall die Nummer 250.

Wir haben die Vorstellung des gesamten Romans auf handliche Teilseiten zerlegt.

Hier die Gesamtübersicht:

Kap 37 (S. 163ff) „Die zweite Kategorie“

  • Zuerst sprechen Mia und Kramer über persönliche Dinge, dann wird deutlich, dass Mia „Rache“ (163) will.
  • Was den Fall Moritz angeht, kann Kramer es nicht glauben, dass Mia „ihr persönliches Unglück“ „mit einem politischen Problem verwechseln“ will und glaubt weiter fest an die Methode als das bestmögliche System.
  • Auch glaubt Kramer, dass der Widerständler „zu fein, zu dumm oder zu faul“ ist, „um jene Macht zu erobern, die er zum Wirken braucht.“ (167). Außerdem glaubt Kramer: „Gibt man dem Freiheitskämpfer Macht und Ansehen innerhalb der verhassten Maschinerie, wird er sogleich still und werkelt fortan in aller Treuherzigkeit vor sich hin.“ (167)
  • Als Mia ihn dann auffordert, ihr Pamphlet mitzuschreiben reagiert Kramer fast mit „körperlicher Gewalt. Dann löst sich die stumme Drohung in einer spöttischen Grimasse auf.“ (170)

Kap 38 (S. 172ff) „Wie die Frage lautet“

  • In einer endlosen Kette von Sätzen, in denen Mia jemandem oder etwas das Vertrauen entzieht, wird all das aneinandergereiht, was sie kritisiert.
  • Man könnte wirklich mal versuchen, diese nach Themenbereichen oder auch nach Wichtigkeit bzw. Überzeugungskraft zu hierarchisieren.
  • Sehr bedenkenswert der erste Satz: „Ich entziehe einer Gesellschaft das Vertrauen, die aus Menschen besteht und trotzdem auf der Angst vor dem Menschlichen beruht.“ (172)
    Siehe dazu auch die Erläuterung auf der Seite: https://www.einfach-gezeigt.de/corpus-delicti-fragen
  • Problematischer ist zum Beispiel der Satz: „Ich entziehe einer Wissenschaft das Vertrauen, die behauptet, dass es keinen freien Willen gebe.“ Das ist ja etwas, worüber ernsthaft diskutiert werden kann.
  • Für das Verständnis des Romans ist dann sehr wichtig der Schluss-Satz: „Ich entziehe mir das Vertrauen, weil mein Bruder sterben musste, bevor ich verstand, 188ff).“

 

Kap 39 (S. 147ff) „Die Vertrauensfrage“

  • Im ersten Teil des Kapitels geht es um die Einschätzung des Pamphlets zwischen Cramer und Mia:
  • Kramer ist sehr zufrieden, ja gerade zu in „euphorischer Stimmung“ (174)
  • Er nennt das, was Mia eben diktiert hat, eine „rhetorische Massenvernichtungswaffe“.
  • Dann spricht er von einem „gemeinsamen Auftrag“.
  • Als Mia nachfragt, worin der denn bestehe, spricht Kramer eher ausweichend von der Vertrauensfrage, mit der eine Regierung das Parlament zwingt, „sie entweder abzuwählen oder mit vereinter Kraft im Amt zu bestätigen“.
  • Als Leser muss man befürchten, dass Kramer diese Vertrauensfrage anders beantwortet haben möchte als Mia. Auf jeden Fall ist ihr Pamphlet seiner Meinung nach behilflich, „für den richtigen Ausgang“ zu sorgen.
  • Bezeichnend ist auch, dass Kramer beim hinausgehen feststellt:“Übrigens gefalle ihm ihre Wohnung, und er hoffe, dass sie sich darin wohl gefühlt habe“. Mia merkt zwar, dass er hier in der Vergangenheitsform spricht, aber es ist ihr „plötzlich egal“.
  • Im zweiten Teil des Kapitels geht es um den Abschied von der idealen Geliebten, die das so begründet: „Mein Auftrag ist erfüllt… Moritz‘ letzter Wunsch war, dass du ihm glauben mögest. Dass du verstehen sollst, was passiert ist. Dass du immer auf die richtige Weise an ihn denken wirst.“
  • Und dann wird noch ein Satz zitiert, über den man lange nachdenken kann:
    „Ich will der Boden sein, der unter deinen Füßen zittert, wenn dich die Rache der Götter trifft. Anscheinend will das Schicksal, dass wir unser Versprechen halten.“
  • Was die Zukunft angeht, ist Mia optimistisch: „Mir kann nichts passieren. Technisch gesprochen, bin ich jetzt eine Heilige.“ Die Geliebte merkt daraufhin nur an, dass vor der Heiligen „die Märtyrerin“ komme.
  • Das Gespräch endet damit, dass Mia einen letzten Wunsch äußert: Wenn du Moritz siehst, sag ihm, dass ich ihn liebe. Oder nein, sag ihm: Baumhaus ist, wenn man die Leiter hochzieht, Bauchschmerzen kriegt vom Kirschenessen, Vogeldreck im Haar trägt und trotzdem nie wieder runterkommen will.“ (175)
  • Das knüpft an das an, was Mia  auf Seite 173 in ihrem Pamphlet so formuliert hat: „Ich entziehe Eltern das Vertrauen, die ein Baumhaus ‚Verletzungsgefahr‘ und ein Haustier ‚Ansteckungsrisiko‘ nennen. Damit will sie deutlich machen, dass es besonders für Kinder wichtig ist, das Leben in seiner ganzen Breite und auch in seinen Gefahren zu erleben.

Kap 40 (S. 178ff) „Sofakissen“

  • Dieses Kapitel präsentiert das, was Kramer vorausgesehen hat, nämlich eine brutal durchgeführte Verhaftung durch den Methodenschutz.
  • Von Anfang an weiß Mia, dass es sich hier nicht mehr um eine Verhaftung, sondern um „Krieg“ (178) handelt.
  • Dementsprechend kämpft Mia auch: „Keiner der Männer begreift, dass Mia nicht sich selbst, sondern das Sofakissen verteidigt.“ Das hält sie nämlich „statt der idealen Geliebten“ im Arm.
  • Interessant, dass die einfach gestrickte Driss wieder spontane Menschlichkeit zeigt und zumindest versucht, zu verteidigen. Sie wird „mit einer Handbewegung beiseite“ gefegt.
  • Am Ende wird die durch eine Spritze wehrlos gemachte Mia abtransportiert.

Kap 41 (S. 181ff) „Freiheitsstatue“

  • Mia bekommt Besuch in ihrer Zelle von ihrem Anwalt. Der bringt Zeitungen mit, in denen von Massenprotesten gegen ihre Verhaftung die Rede ist.
  • Mia selbst sieht sich als eine „Freiheitsstatue, geformt aus Fleisch und Knochen“ (183) (also verletztlich), eine „Projektionsfläche“ (183) für alle möglichen Leute, die sie für die Bewältigung ihrer Unzufriedenheit instrumentalisieren.
  • Mia spricht sich klar weiterhin gegen jede Gewaltaktion aus.
  • Rosentreter verspricht Mia, sie herauszuholen.
  • Diese reagiert gelassen: „Ich hab keine Angst […] Wenn du mich nicht rausholst, machen es die anderen.“ Gemeint ist wohl, dass dann die Schergen des Regimes dessen Urteil an ihr vollziehen.

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