Liebesgedichte der Moderne – d.h. für uns hier: ab dem Ersten Weltkrieg

Liebesgedichte der Moderne – d.h. für uns hier: ab dem Ersten Weltkrieg

  • Erich Kästner (1899-1974)
    Sachliche Romanze

    Eins der besten Gedichte zum Ende einer Liebe, die einfach verlorengegangen ist.
    Musterbeispiel für neue Sachlichkeit
    https://textaussage.de/erich-kaestner-sachliche-romanze
  • Sachs, Lessie, (1896-1942)
    „Vielleicht“

    Ein Gedicht, das sehr schön die Reflexionen des lyrischen Ichs aufzeigt, nachdem möglicherweise die Chance für eine Liebesbegegnung versäumt worden ist.
    https://textaussage.de/5-min-tipp-lessie-sachs-vielleicht
  • Rilke (1875-1026)
    „Einmal nahm ich“

    https://textaussage.de/rilke-einmal-nahm-ich

    • Das Gedicht zeigt,  dass eine Beziehung bestimmt sein kann von einem großen Missverhältnis zwischen dem Wollen des einen und dem Sich-Zurückhalten des anderen.
    • Schon ziemlich an der Peinlichkeitsgrenze ist dann allerdings die Bewertung dieser Situation.
    • Statt den Fehler in der Konstellation oder bei sich zu suchen, würdigt das lyrische Ich anscheinend das Gegenüber ab und macht das persönliche Missgeschick zu einem grundsätzlichen.
      —-
  • Frank Wedekind (1864-1918)
    „Ilse

    https://textaussage.de/schnell-durchblicken-frank-wedekind-ilse

    • Das Gedicht zeigt die Entwicklung eines Mädchens in den Bereich der Prostitution hinein,
    • was sehr stark beschönigt wird, indem zum Beispiel nicht zwischen Sexualität und Liebe unterschieden wird.
    • Deutlich wird das Unpersönliche dieser sexuellen Begegnungen, der erste Mann hat nicht mal einen Namen oder ein Gesicht.
    • Auch das Prostituiertenleben insgesamt wird sehr beschönigend dargestellt.
    • Alle Probleme werden ausgeblendet.
    • Von daher eignet sich dieses Gedicht nur als Basis für die sogenannten „Dirnenlieder“, die um 1900 eine Rolle spielten.
    • Das einzig Positive ist, dass hier eine Frau sehr selbstbewusst von ihrer Sexualität spricht und diese auch bedenkenlos einsetzt. Damit zeigt sie eine Autonomie, die normalerweise im deutschen Kaiserreich nur den Männern zuerkannt wurde.
  • Frank Wedekind (1864-1918)
    „Ilse

    (künstlerische Eigenart, vor allem als Gesamtkunstwerk)

    • Vergleich von Goethe (1749-1832)
      „Der Abschied“
      und Kaléko, (1907-1975)
      „Das Ende vom Lied“

      • Goethe: Insgesamt ein Gedicht, dass wenig Rücksicht nimmt auf das Gegenüber, eine sehr einseitige, ich-bezogene Liebesauffassung präsentiert.
      • Wer etwas vom jungen Goethe kennt, vor allem die zwei Versionen von „Willkommen und Abschied“, der merkt, dass dieses Gedicht ganz auf der Linie der leichten Liebeleien liegt, die in Goethe viele Schreibgefühle weckten, aber wenig Bereitschaft, Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft zu übernehmen.
      • Kaléko
        ein Gedicht, das viel stärker beide Seiten in die Verantwortung nimmt für den Verlust der Liebe – oder besser noch: diese Verantwortung der natürlichen Entwicklung im zeitlichen Verlauf des Lebens zuschreibt. Insgesamt sehr viel mehr Ernsthaftigkeit und Trauer, während man bei Goethe den Eindruck hat, er will es schnell hinter sich bringen und zurückbleibt ein Partner, der unter dem Verlust sehr viel mehr leidet.
        https://www.schnell-durchblicken2.de/goethe-abschied-kaleko-ende
  • Gut vergleichen kann man diese Flüchtigkeit von Liebesgefühlen mit Inhalt und Aussage des folgenden Gedichtes:
    Wilhelm Müller (1794-1827, ist also der Romantik zuzurechnen)
    „Gute Nacht“

    • Insgesamt zeigt das Gedicht einen Menschen, der die Liebe anscheinend als kurzweiligen Zeitvertreib betrachtet. Wirkliche Gefühle scheinen keine große Rolle zu spielen.
    • Dabei spielt romantisches Unterwegssein-Wollen oder gar -Müssen eine große Rolle.
    • Wie das Mädchen das sieht, wird völlig ausgeblendet. Natürlich könnte es die gleiche Auffassung haben wie das lyrische Ich. Davon ist aber keine Rede.
      5-min-tipp-zu-wilhelm-mueller-gute-nacht
  • Oder auch mit dem Song, gesungen von Marlene Dietrich
    „Song „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre““
    Lied von Friedrich Hollaender und Robert Liebmann, entstanden etwa 1932
    #Treue

    • Insgesamt zeigt der Song einen in Hinblick auf die Liebe oder überhaupt die Beziehung zu anderen einen sehr selbstbewussten Menschen,
    • Der sich offensichtlich selbst genug ist und der auch nur sich selbst gehören möchte.
    • Interessant ist die Frage, wie man die Begründung bewerten will, dass dieser Mensch andere nicht unglücklich machen will.
    • Auf jeden Fall stellt dieses Gedicht eine große Herausforderung für alle da, die nicht so großzügig sein wollen oder können.
    • Die Alltagserfahrung ist wohl, dass die  Gruppe der auf Ausschließlichkeit der Liebe stehenden Menschen deutlich größer ist. Man muss sich einfach nur mal die eine Hochzeit anschauen – da wird zumindest versprochen, „bis dass der Tod euch scheidet.“
      https://textaussage.de/5-min-tipp-zu-dem-song-ich-weiss-nicht-zu-wem-ich-gehoere
  • Mascha Kaleko, „Sogenannte Mesalliance“ (1938)
    U.a. hier zu finden.
    Interpretation hier:
    https://textaussage.de/mascha-kaleko-sogenannte-mesalliance
    Das Gedicht beginnt mit der Ablehnung der Angebote von „Hof und Haus“ durch Herren „mit Bügelfalten“.
    Dementsprechend sind die Sorgen, das lyrische Ich könnte hier ihre Chance verpassen.
    Dann allerdings kommt ein Wanderer – und das Herz des lyrischen Ichs beginnt „zu singen“.
    An ihm begeistern „seine wilden Träume“ und dass er ganz „er selbst“ ist.
    Das Gedicht endet mit dem Verzicht auf die Reichtümer eines Krösus und der Bereitschaft, in der Nähe eines solchen Menschen gerne „bettelarm“ zu sein.
  • Unglaublich wenig empathisch ist das Gedicht „Entdeckung an einer jungen Frau“ von Bertolt Brecht
    Denn dort entdeckt das lyrische Ich nach einer Liebesnacht Zeichen des Alterns bei der angeblich Geliebten – und die einzige Reaktion: Jetzt aber schnell ins Bett und die verbleibende Zeit nutzen 🙂
    #Vergänglichkeit

    https://textaussage.de/brecht-entdeckung-an-einer-jungen-frau
  • Gut vergleichen kann man dieses Gedicht auch mit

    Bertolt Brecht, „Sonett Nr. 19“,

    das noch relativ harmlos mit scheinbarer Gegenseitigkeit der Dienste beginnt, dann aber immer deutlicher in Richtung Forderungen geht – bis hin zur Gleichsetzung des Ich mit dem Wir.
    https://textaussage.de/schnell-durchblicken-bertolt-brecht-sonett-nr-19
    Diese Gedichte sind ein guter Ausgangspunkt, um Brechts reales Verhältnis zu den Frauen seines Lebens mal zu überprüfen.
    Hinweise bekommt man z.B. hier.
  • Bertolt Brecht, „Erinnerung an die Marie A.“ Interpretationsanmerkungen (Mat4369)
    Eine sehr seltsame Erinnerung, die sich mehr auf eine Wolke richtet als auf die Partnerin. Von ihr kennt das lyrische Ich nicht mal mehr den Familiennamen.
    Bertolt Brecht: „Erinnerung an die Marie A.“
  • Bertolt Brecht: „Die Liebenden“ oder „Terzinen über die Liebe“ (1928)
    Dieses Gedicht ist tatsächlich unter zwei verschiedenen Titeln zu finden.
    Inhalt und Aussage aber bleiben:
    Beschrieben wird zunächst das enge, harmonische Neben- und Miteinander von Wolken- und Kranichzug.
    Am Ende dann die Erkenntnis: Beides ist erst seit kurzem zusammen und wird sich auch bald wieder trennen.
    Und dann die Feststellung:
    „So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.“
    https://textaussage.de/bertolt-brecht-die-liebenden-oder-terzinen-ueber-die-liebe
    Dem kann man dann gut die positive Variante von Conrad Ferdinand Meyer im Gedicht „Zwei Segel“ entgegensetzen.
    C.F.Meyer, „Zwei Segel“
  • Eva Strittmatter, Herbst in Berlin
    • Ein Gedicht, das auf sehr persönliche, behutsame Weise die Eindrücke schildert, die sich im Herbst in Berlin ergeben.
    • Das wird verbunden mit einem Sympathie-Blick auf die einfachen Menschen und endet in der „Verwandlung“ eines schüchternen ersten Blickkontaktes zwischen einem Jungen und einem Mädchen, aus dem mehr werden kann.5-min-Tipp zu Eva Strittmatter, „Herbst in Berlin“

 Wer noch mehr möchte …